Nach langem Fondue und kurzer Nacht in
Montpellier klingelte schon um 6 Uhr wieder der Wecker. Fast hätten wir den Abstecher nach Andorra dem ersehnten Schlaf geopfert, dann aber doch in Angriff genommen. Wobei nicht nur der Fußball den Ausschlag gab - ein gewichtiges Argument für die Fahrt in den Zwergstaat war die spektakuläre Strecke von Meereshöhe bis hoch in die Pyrenäen.
Anders als noch vor
fünf Jahren führte uns der Weg diesmal von Osten in Richtung Andorra. Über Narbonne und Perpignan ging es stets in der Nähe zur spanischen Grenze immer höher hinauf, bis wir schließlich in Andorra den Gebirgspass Port d'Envalira überquerten, die mit 2408 Metern höchstgelegene ganzjährig befahrbare Straße Europas. Strahlend blauer Himmel und rundherum meterhoher Schnee belohnte uns - herrlich. Von hier ging es nach kurzem Aufenthalt ein paar Kilometer zurück ins Tal, schließlich war schon für 12 Uhr der erste Anpfiff des Tages angesetzt.
Vom Real-Fanklub zum dreifachen Landesmeister
Über Andorras Fußball gibt es ja zahlreiche kuriose Geschichten. Etwa die vom dreimaligen Meister Principat Andorra, der 1987 aus einem Real Madrid-Fanklub entstand und ursprünglich "The Real Madrid Supporters from Charlie's Restaurant" hieß. Oder die vom FC Andorra, der als ältester Klub des Landes am spanischen Spielbetrieb teilnimmt, sich bei der Gründung der heimischen Nationalliga für eine Teilnahme zu fein war und der später nach finanziellen Problemen doch um eine Aufnahme bat, die prompt abgewiesen wurden. Oder natürlich die vom dem einzigen Spielort der Liga: Im Camp d'Esports d'Aixovall finden alle Partien statt - so auch heute, wo um 12, 14, 16, 18 und 20 Uhr angepfiffen wird.
Unsere Wahl fiel auf die oben genannte Partie - ein Duell der Meisterrunde, in der die vier besten Teams der regulären Saison den Titelträger ausspielen. Sowohl für "Escale U.E. Santa Coloma" als auch für den "F.C. Lusitans Constr. La Posa" - der übrigens nur Portugiesen in seinem Kader hat - wäre es der erste Titel. Allerdings ist Tabellenführer Don Pernil F.C. Santa Coloma (Halleluja, was für Namen...) schon etwas enteilt.
Zweistellige Zuschauerzahl und ein brasilianischer Doppelpack
Zu Beginn des Spiels finden sich handgezählte 41 Zuschauer auf der einzigen Tribüne ein - zöge man Betreuer, Freunde und Verwandte ab, blieben wahrscheinlich nur noch wir fünf. Zu sehen gibt es ein, seien wir ehrlich, schwaches Spiel mit teilweise haarsträubenden Szenen. Trotzdem macht das Zuschauen Spaß, immerhin kann man sich fragen, ob man selbst einige Szenen nicht besser hinbekommen hätte. Wahrscheinlich nicht... Ein Brasilianer namens Luis Miguel Do Nascimento macht schließlich beide Tore, die beim Schlusspfiff gut 70 Zuschauer spenden fleißig Beifall und freuen sich schon auf die nächsten Mannschaften, die schon im Spielertunnel warten.
Das Camp d'Esports d'Aixovall ist neben dem Nationalstadion das einzige Stadion des Landes, das diesen Namen verdient hat. An der Verkehrsachse CG2 gelegen befindet sich hier auch der Sitz des andorranischen Fußballverbandes. Drei Seiten des Spielfeldes sind nicht zugänglich, dennoch gefällt das Kleinod. Dafür ist einerseits die hübsche, 899 Zuschauer fassende und in den Landesfarben blau-gelb-rot gehaltene Haupttribüne verantwortlich. Andererseits ist natürlich die Lage zu nennen: Welches Stadion kann schon behaupten, derart spektakulär in die Bergwelt eingebettet zu sein?
Während also das nächste Spiel schon unmittelbar bevorstand, machten wir uns auf den Weg zurück nach Frankreich, um rechtzeitig zum Anpfiff des Abendspiels der Ligue 1 in Toulouse zu sein...