Listicles sind in. Hier also meine fünf Erkenntnisse aus dem Istanbul-Wochenende:
1. Basaksehir ist der überflüssigste Verein der Welt
Keine Zuschauer, ein Stadion am Arsch der Welt ohne vernünftige Verkehrsanbindung und als Krönung Ordner, die offensichtlich kein Problem damit haben, Ansichten aus dem Mittelalter durchzusetzen. Ach so: Und die wenigen Zuschauer, die überhaupt kommen, haben entweder Spaß an einer schwachsinnigen "10-Mann-Handy-Leucht-Choreo" (die Hanseln hinter dem Tor) oder stehen hinter einer Zaunfahne, auf die "1453" gepinselt ist (Höhe Mittellinie). Letzteres meint freilich nicht den Zuschauerschnitt oder die Anzahl der aktuell verhafteten Journalisten, sondern das Jahr, in dem Konstantinopel von den Osmanen erobert wurde. Sorry, aber an diesem Verein stimmt einfach nichts.
2. Istanbul hat ein Verkehrsproblem
Ok, ok, diese Erkenntnis ist nun nicht wirklich neu. Aber ganz ehrlich: Wir haben nur im Stau gestanden. Vom Flughafen in die Stadt, von der Stadt zum Flughafen, und natürlich erst recht auf dem Weg zum Stadion im Bus-Konvoi. Stau. Überall nur Stau. Das gleiche Bild bietet sich übrigens beispielsweise beim Anstehen vor dem Ticketschalter an der Hagia Sophia. Völliges Chaos, von hinten drängeln alle vorbei, dann wird eine neue Schlange aufgemacht, dann will eine japanische Gruppe sich einfach komplett vorbei schieben. Oh Mann. Ich hasse ja deutsche Touristen, die im Ausland immer den Oberlehrer spielen und den Einheimischen erklären, wie alles besser geht. Aber manchmal weiß ich deutsche Gründlichkeit (Oh Gott oh Gott, was für ein Wort) tatsächlich zu schätzen.
3. Hut ab vor den Borussia-Fans
Schon im Bus hatte ich ein mulmiges Gefühl, weil klar war, dass es knapp wird mit dem Anstoß. Und der Gedanke an 1000 Fans, die gleichzeitig durch einen Stadioneingang drängeln, während drinnen gerade der Anpfiff ertönt, war eher unangenehm. Als dann auch noch zwei der vier elektronischen Drehkreuze versagten, wurde es auch tatsächlich ungemütlich. Eine Situation, für die übrigens einzig und allein die Organisatoren dieser miserabel geplanten Anfahrt verantwortlich sind. Und trotzdem blieb der allergrößte Teil der Fans besonnen - übrigens auch dank des mitgereisten Gladbacher Ordnungsdienstes, der versuchte, die Lage zu entspannen. Ich behaupte mal kühn: Bei anderen Vereinen wäre der Einlass in einer solchen Situation nicht so glatt verlaufen.
4. Istanbul kann alles
Genug gemotzt und kluggeschissen. Auch beim dritten Besuch nach
2004 und
2012 zeigte sich Istanbul von seiner besten Seite. Bestes Wetter, viel zu sehen, unglaublich herzliche Menschen, großartiges Essen, ein Schmelztiegel der Kulturen (ja, auch heute noch), dazu ein leicht exotisches Flair. Wenn man nicht gerade im Stau steht, kann Istanbul verdammt viel. Was freilich Sorgen macht, ist die politische Situation. Tatsächlich gibt es auch gute Argumente, Istanbul bzw. die Türkei nicht zu besuchen. Ich verstehe jeden, der sich aus Überzeugung gegen eine solche Reise entscheidet. Es gibt aber auch genügend Argumente, eben doch zu fahren, vielleicht sogar jetzt erst recht. Für mich waren letztere stärker.
5. Europa-Frust vs Liga-Lust
Ach so, Fußball wurde ja auch gespielt. So ganz erklären lässt sich nicht, was Borussia vor allem nach der Pause ablieferte. Am Ende blieb auf der Habenseite, immerhin, ein Punkt beim türkischen Vizemeister und damit ein Fünkchen Hoffnung. Und die Freude für Patrick Herrmann, dem man ja jedes Erfolgserlebnis von Herzen gönnt. Dennoch überwog die Enttäuschung, dass in der monatelang so ersehnten Europa League schon nach der Gruppenphase Schluss sein könnte. Schade schade.