Berliner AK 07 - FSV Luckenwalde (RL Nordost, 6.11.2016)

Poststadion in Berlin

Über das Poststadion im Herzen Berlins lassen sich unzählige schöne Geschichten erzählen. Hier folgen vier.

Tribüne im Poststadion
Hitler, Heini und Hertha

1) Adolf Hitler war kein Fußball-Fan, nur bei einem einzigen Spiel ist seine Anwesenheit verbürgt: Bei den Olympischen Spielen 1936 wollte er eigentlich zum Rudern, sah dann aber Deutschlands peinliche 0:2-Niederlage vor 50.000 Zuschauern gegen Norwegen. Und wo? Genau, im Poststadion. "Der Führer ist ganz erregt, ich kann mich kaum halten. Ein richtiges Nervenbad. Das Spiel als Massensuggestion", schrieb Goebbels in seinem Tagebuch. Hitler war not amused und verließ angeblich bereits nach 83 Minuten das Stadion, Reichstrainer Otto Nerz musste gehen. Nachfolger wurde ein gewisser Sepp Herberger.

2) Ebenfalls im Berlin der 30er-Jahre spielt ein Klassiker unter den Fußballbüchern: "Elf Freunde müsst ihr sein" von Sammy Drechsel. Das Wilmersdorfer "Team" um Heini Kamke und Matze Krause gewinnt dabei - natürlich - am Ende das Finale der Berliner Schulmeisterschaft. Und wo? Im ausverkauften Poststadion.

Bäume im Berliner Poststadion
3) Die ach so ruhmreiche Hertha war von 1986 bis 1988 bekanntlich drittklassig und trug einen Großteil der Heimspiele im Poststadion aus. Die damals im Schnitt nicht einmal 2000 Zuschauer hatten teilweise eine kuriose Anreise, "nämlich via DDR zum Lehrter Stadtbahnhof. Die Fans fuhren zum S-Bahnhof Friedrichsstraße, wechselten dort an den DDR-Grenzposten vorbei auf den oberen Bahnsteig, von wo der Zug den Ostteil durchquerte, die Mauer hinter sich ließ und den S-Bahnhof auf Westgebiet erreichte." (aus: Werner Skrentny, Das große Buch der deutschen Fußballstadien)

4) Nach Herthas Gastspiel verfiel das Poststadion immer mehr, auf den Rängen entstand ein kleiner Urwald, die Tribüne drohte einzubrechen. Es muss 2001 gewesen sein, als wir uns daher bei einem Berlin-Besuch durch ein Loch im Zaun Zugang zum Areal verschafften und tolle Bilder schossen, von Bäumen neben Wellenbrechern und morschen Sitzbänken. Leider sind diese Fotos in der Versenkung verschwunden, dennoch war es ein toller Ausflug in ein vergessenes Fußball-Stadion.

Tribüne
Zurück ans Tageslicht

Heute steht das "Poststadion mit Hallenbad und Kassenanlage" zum Glück unter Denkmalschutz und wird längst wieder benutzt. Yesilyurt Berlin machte 2007 den Anfang, inzwischen ist hier Regionalligist Berliner AK daheim. Dieser ist ebenfalls von türkischem Einfluss geprägt, hieß von 2006 bis 2011 sogar "Berlin Ankaraspor Kulübü", hört inzwischen aber wieder auf den schon 1907 gewählten Namen "Berliner Athletik Klub."

Bäume
Tarkan und Sido

603 Zuschauer sind heute gekommen und bilden den Bestandteil einer bunten Mischung: Sowohl Türken als auch Deutsche feuern den BAK an, zu Essen gibt es sowohl Currywurst als auch Döner, und aus den Lautsprechern dröhnen Sido und Tarkan. Hat was.

Etwa 70-80 Fans drücken auch dem Gast die Daumen, ein kleiner Haufen auch mit Gesängen und Fahne, und tatsächlich geht der vom Abstieg bedrohte FSV Luckenwalde beim Tabellen-Zweiten auch früh in Führung. Ein Doppelschlag kurz nach der Pause bringt jedoch die Wende, und ein wenig darf der BAK weiter vom Aufstieg träumen. Dritte Liga im Poststadion - das hätte doch was.

Bleibt der Blick auf die "DJ-Ötzi-Hitmix-Skala". Weiter oben habe ich es ja schon angedeutet...

Die Setlist des BAK:

1. Sido - ??? Leider nur die letzten Klänge mitbekommen, daher nicht mehr zu identifizieren. War aber definitiv Sido.
2. ??? - ??? Mein Türkisch ist leider zu schlecht. War aber türkisch. Glaube ich :-)
3. Scooter - Maria (I like it loud). Döp-Döp-Döp! Als Gladbach-Fan vergisst man derzeit ja gerne mal, wie unsere Torhymne klingt...
4. Sido - Fühl dich frei. Er schon wieder mit seinen Lebensweisheiten. Trotzdem: Sido passt schon irgendwie.
5. Tarkan - Sikidim. Ha! Eines von zwei türkischen Liedern, die ich erkenne. Und zumindest hier auch passend.
6. Endlich August - Das ist Berlin. Leider für die Werbekampagne der Berliner Morgenpost komponiert und getextet. Sonst Daumen hoch.
7. Tarkan - Simarik. ... und da ist auch schon das zweite türkische Lied, das ich erkenne. Ihr wisst schon: Schmatz, schmatz. Geht so.

Fazit: Ist die Berlin-Türkei-Mischung nun authentisch oder künstlich? Ich tendiere zu ersterem, daher gibt das eine verdiente 3+. Zum Gesamtstand.

Fans des FSV Luckenwalde  Denkmalgeschützter Kassenbereich  Aufgang zum Poststadion