"Ceterum censeo Carthaginem esse delendam" lautet der wohl bekannteste ACI der Geschichte, unzählige Latein-Schüler lernten das komplizierte Grammatik-Ungetüm mit diesem Zitat. Die berühmte Forderung, Karthago zu zerstören, konnte Cato leicht aussprechen, immerhin gab es ja im Südosten Spaniens längst ein zweites, wenn auch bedeutend kleineres Karthago.
Die Küche bleibt kalt
"Carthago Nova" hieß die Stadt damals - heute ist daraus die Stadt Cartagena geworden, ein noch immer bedeutender Seehafen. Vor allem das römische Theater erinnert noch an die Blütezeit rund um die Zeitenwende. Und wer trotz meines blasierten Einstiegs bis hier gelesen hat, sei nun mit dem Schlenker zum Fußball belohnt: Nicht weit von jenem Amphitheater (Fassungsvermögen: 7000 Zuschauer) steht inzwischen das etwas modernere städtische Stadion (Fassungsvermögen: 15.000). Und wie heißt das? Richtig: Estadio Cartagonova. Wäre dieser Kreis also auch geschlossen.
Von Elche kommend, erreichten wir das Städtchen noch vor Sonnenuntergang etwa gegen 18.00 Uhr - was zu spät für das Amphitheater, aber zu früh für die spanische Küche ("Essen? Erst ab 20.00 Uhr") war. Der teutonische Magen wurde daher - leider - eher im Hauruck-Verfahren gefüllt. Ein kleiner Bummel am Hafen war noch drin, dann ging es auch schon Richtung Stadion.
Auch Borussia schon zu Gast
Der FC Cartagena spielt seit 2020 wieder zweitklassig, größere Bekanntheit dürfte er aber vor allem dank seines Wappens haben - dort nämlich findet sich ein Gelbes U-Boot - eigentlich gebührt der Spitzname "submarino amarillo" also statt dem FC Villarreal viel eher Cartagena. Aber warum? Hier die Kurzform: Isaac Peral, der 1888 das erste U-Boot mit elektrischem Antrieb erfand, stammt aus Cartagena, wo jenes Boot heute im Schifffahrtsmuseum zu bewundern ist.
Jetzt aber endlich zum Fußball. Auch die einzig wahre Borussia lief schon im Estadio Cartagonova auf. 1998 war das, Gegner kein Geringerer als Real Madrid, gespielt wurde um die "Bahia de Cartagena Trophy", Toni Polster traf beim 1:3 zum zwischenzeitlichen Ausgleich. Man lernt nie aus. Zwei Jahre später bestritt hier sogar die spanische Nationalmannschaft erstmals ein Heimspiel in der Region Murcia (3:0 gegen Polen).
6242 gelangweilte Zuschauer
Für 18 Euro gab es Tickets am Schalter. Unbedarft, wie wir nunmal sind, landeten wir natürlich direkt hinter dem kleinen Cartagena-Fanblock. Naja, immerhin ließ sich so das Treiben der rund 30 Jungs und Mädels gut verfolgen. Insgesamt kamen 6242 Zuschauer, darunter auch eine kleine Abordnung aus dem 720 Kilometer Luftlinie entfernten Ponferrada im Nordwesten des Landes.
Das Stadion ist übrigens nicht so mein Ding - warum braucht es bei so einem geringen Fassungsvermögen zwei Stockwerke? Egal. Das Spiel war äußerst mager und genau genommen eine herbe Enttäuschung. Auch egal. Nach Schlusspfiff ging es zurück nach Alicante, dank "Bikini FM" mit kultiger Dance-Musik aus den 90ern bestens unterhalten.
Apropos: Was machte eigentlich die Stadionmusik?
Die Setlist des FC Cartagena:
1. Camilo - Millones. Musik aus Kolumbien. N bisschen zu poppig für meinen Geschmack.
2. Alaska y Dinarama - Ni tu ni nadie. Wieder Pop, diesmal etwas älter und aus Spanien. Joa, geht so.
3. Maneskin - Beggin'. In Deutschland im Juni 2021 die Numme eins. Mag ich nicht..
4. Porretas - Un velero llamado Libertad. Etwas lauter, etwas rockiger. Geht doch.
5. Najerax - Todo de Ti. Und wieder langweiliger Pop-Kram. Auch wenn ich kein Wort verstehe :-)
6. Varry Brava - No Giress. Indie-Pop aus Spanien. Jo, okay. Aber Barra Brava wäre mir lieber.
7. Rosendo Mercado - Agradecido. Zum Abschluss wieder etwas mehr Power. Aber leider weiterhin unverständlich.
Fazit: Nahezu komplett Spanisch - das gibt Pluspunkte. Aber auf Dauer doch etwas eintönig. Macht ne 4. Zum Gesamtstand.