Mein Groundliste hat nie ein Stadion beinhaltet, in dem ich als Jugendlicher - theoretisch - selbst hätte spielen können. Bis heute. Marathon Krefeld gehört wie mein Jugendklub Blau-Weiß Anrath zum Fußball-Kreis Kempen-Krefeld. Ob ich allerdings tatsächlich einmal in der Edelstahlkampfbahn gekickt habe oder doch eher - und wahrscheinlicher - auf einem der Nebenplätze, weiß ich beim besten Willen nicht mehr.
Klar wird jedoch schnell, dass besagte Kampfbahn eigentlich direkt bei mir um die Ecke liegt. Und daher ist es fast ein Frevel, dass ich als Stadion-Freund bislang nie da war. Denn die schon 1938 eröffnete Anlage mit dem Fassungsvermögen von 8000 Zuschauern ist durchaus sehenswert.
Kampfbahn mit Tradition
Das gilt natürlich allen voran für die Tribüne, die irgendwie englisch anmutet und eine absolute Wucht ist. Aber auch für die begrünten Stufen, die das gesamte Spielfeld umrunden (bzw. an einigen Stellen auch symetrisch Ecken bilden). Oder für die gleich drei einsturzgefährdeten Aufgänge zum Rasenplatz. Oder, für Freunde des Details, das sehr charmante Geländer.
Gebaut hat das alles der Schwelmer Architekt Hans Mehrtens, leider ein engagiertes NSDAP-Mitglied, der in Krefeld auch beim Bau eines Werkes zur Panzerherstellung der Deutschen Edelstahlwerke AG beteiligt war. Beim späteren Prozess der Entnazifizierung wurde Mehrtens in die Kategorie IV ("Mitläufer") eingestuft, was ihm eine weitere Karriere vor allem in Aachen ermöglichte.
"Die modernste Kleinfeldsportanlage in ganz Deutschland"
Besonders viel hat sich seither an der Kampfbahn nicht getan. Aber Achtung, das könnte sich bald ändern: Schon in Kürze wird der Natur- nämlich in einen Kunstrasen umgewandelt. Was aber noch viel schlimmer ist: "Die Tribüne vor dem Umkleidegebäude soll teilweise saniert oder abgerissen werden. Ziel seien pflegeleichte Böschungen", so schrieb es die
WZ erst vor wenigen Wochen.
Das wäre schade, denn: "Als die Anlage 1938 eröffnet wurde, war sie die modernste Kleinfeldsportanlage in ganz Deutschland, ein Prestigeobjekt", sagte Klaus Schroers vom Vorstand des CSV Marathon noch 2016 RP. Also: Wer auf Nummer sicher gehen möchte, sollte schnellstens hin da.
Dont't let the sun go down
So dachte auch ich. Obwohl ich um ein Haar nicht gefahren werde: Anstoß sollte um 19.30 Uhr sein - wie bitte soll das ohne Flutlicht bei einem Sonnenuntergang um 20.45 Uhr gehen? Akute Nebenplatzgefahr also.
Auf Nachfrage hieß es aber, dass sehr wohl auf dem Hauptplatz gespielt wird. Und was soll ich sagen? Es wurde! Ok, der Anstoß erfolgte um 19.24, die Pause dauerte nur sieben Minuten und die zweite Halbzeit wurde bereits nach 37 Minuten abgepfiffen. Zum Glück, denn zu erkennen war nicht mehr viel. Aber hey, ganz egal, Hauptsache es wurde gekickt.
Klare Sache, unklare Sicht
Und das zumindest unerhaltsam: Marathon, gerade in die Kreisliga A aufgestiegen, fertigte den Bezirksligisten nach allen Regeln der Kunst ab. Laut
fussball.de fiel das letzte Tor übrigens in der 87. Minute. Gut, die gab es zwar gar nicht, aber wen stört das schon...
50 Zuschauer (kein Eintritt) waren jedenfalls bestens unerhalten. Auch dank des Old-School-Ambientes, versteht sich.