Ich gebe zu, im portugiesischen Fußball bin ich nicht gerade Experte. Und so saß ich auf der Suche nach einem "Vorspiel" für die Abendbegegnung in Estoril etwas ratlos vor exakt 48 Partien der zweiten Pokalrunde und etwa 30 mir (fast) nichts sagenden unterklassigen Vereinen.
Was also tun? Richtig: Den Google-Check. Einmal alle Vereine in die Maschine schmeißen und a) Lage checken und b) das Stadion. Der vorletzte Check ließ mich schließlich aufhorchen. Fabril do Barreiro, perfekt gelegen und ein Stadion für 22.000 Mann? Volltreffer. Alles Klugscheißer werden jetzt sagen: Fabril, klar, kennt doch jeder. Nun - ich nicht :-).
Nur das Stadion erinnert an einst
Für Anfänger wie mich: Fabril do Barreiro, wie der Name verrät ursprünglich eine Betriebssportgemeinschaft, spielte zwischen 1954 und 1976 stolze 22 Jahre in der ersten Liga. Dann aber begann der langsame Abstieg, bis hinab in Liga 4 - was in Portugal einer besseren Kreisklasse entspricht. Was also ist geblieben vom einstigen Ruhm?
Nun, in erster Linie das Stadion. Der 1965 eröffnete "Complexo Desportivo Alfredo da Silva" ist ein echter Fall für Nostalgiker. Unzählige Betonbänke und Wellenbrecher auf allen Seiten, hinter einem Tor sogar auf zwei Ränge verteilt, die oft bemühte "Zeitreise", hier wird sie Realität. "Einst spielten hier Benfica, Porto und der AC Mailand", heißt es im portugiesischen Wikipedia-Eintrag, und man muss nur die Augen schließen und ein wenig träumen, um die prall gefüllten Ränge vor sich zu sehen.
Fett vom Grill
Wenn die Augen wieder aufgehen, ist die Realität umso härter. Bis 20 Minuten vor Anpfiff ist das Stadion sogar noch verschlossen, nicht viel lässt auf ein Spiel schließen. Für 5 Euro geht es dann doch noch hinein, und am Ende verteilen sich etwa 200 meist alte Menschen auf die imposanten Tribünen. Die wenigen Plätze unter dem Mini-Dach sind wie am Vortag bei Oriental den Mitgliedern vorbehalten, und so schwitze ich bei 34 Grad eben ein wenig und genieße den Blick.
Zur Pause soll es etwas vom qualmenden Grill sein, zur Wahl stehen ein brutzelnder Fettstreifen oder ein Stück Rindfleisch. Die Wahl fällt auf letzteres, doch der gute Mann am Grill hat meinen fragenden Blick in Richtung Fett gesehen und zwingt mich geradezu zu einer Kostprobe. Da kann man ja schlecht nein sagen, also hinein damit und: Hmmm, ein Traum. Obrigado!
CDU mit Hammer und Sichel
Gespielt wird auch, wobei der von den Azoren (!) angereiste Drittligist klar das Sagen hat und verdient die nächste Runde erreicht. Bis zum nächsten großen Spiel wird das Esatdio Alfredo da Silva, benannt übrigens nach dem Klubgründer, also noch etwas warten müssen.
Beim Rückweg Richtung Auto bekomme ich noch ein wenig Wahlwerbung von der CDU in die Hand gedrückt - mit Hammer, Sichel und Sonnenblume. Ja, in Portugal ist die CDU eine Koalition aus Kommunisten und Grünen, und in einer Woche sind Kommunalwahlen. Was fast witzig ist, denn in Deutschland ist heute Bundestagswahl, um auf dem Weg zum erwähnten Abendspiel in Estoril ist daher auch immer eine Hand am Handy.