FC Fulham - Leyton Orient 1:2 (FA-Cup, dritte Runde, 8.1.06)

Der Stevenage Road Stand Vielleicht an keinem anderen Ort in England - und damit folglich auch auf der Welt - kann der Stadionfreund eine derartige Zeitreise unternehmen wie in Craven Cottage. Seit 1894 spielt der 1879 gegründete (allein diese Zahlen!) Fulham FC hier, und zumindest im Stevenage Road Stand (s. Foto) ist die Vergangenheit noch gegenwärtig. Zusammen mit dem benachbarten Pavillon - eine Spezialität dieser Zeit - ist besagte Tribüne das älteste noch erhaltene Bauwerk von Archibald Leitch, dem Stadionarchitekten Englands schlechthin. Schon seit 1905 schauen von hier aus Jung und Alt den "Cottagers" zu!

Einige Modernisierungen hat der Stevenage Road Stand zwar schon hinter sich, die ersten Reihen etwa waren einstmals Stehplätze, ein Großteil ist aber seit über 100 Jahren unverändert. Das Dach ziert noch immer der für Leitch so typische Giebel mit Vereinslogo, Gerippe sowie Querbalken sind noch immer aus purem Holz und bedingen absolutes Rauchverbot. Übertroffen wird jedoch alles von den Sitzen. Exakt 3571 leisten seit 1905 unermüdlich ihren Dienst. Sie sind viel zu klein, sie sind ungemütlich, sie haben hervorstehende Schrauben - aber sie sind noch da, und das alleine ist schon ein kleines Wunder.

Hier wird seit über 100 Jahren gesessenDenn um ein Haar wäre auch Craven Cottage auf dem großen Friedhof der Fußballstadien gelandet. Als zu klein und zu alt abgestempelt schaute sich Fulham bereits nach Bauland für eine neue Arena um, entschied sich dann aber doch für eine gründliche Renovierung der alten Heimat am Ufer der Themse. Von 2002 bis 2004 musste der Klub daher in die Loftus Road umziehen, Heimat der Queens Park Rangers, doch auf diese Weise wurde der Fortbestand einer sensationellen Tribüne gesichert. Hammersmith End, Putney End und Riverside Stand sind seitdem zwar moderne Sitztribünen, bilden aber eine harmonische Einheit.

Geboten wird in diesem schönen Viereck derzeit Erstligafußball sowie ab und zu natürlich ein netter Pokalfight. So auch heute, wo Viertligist und Lokalrivale Leyton Orient vorbei schaute, unterstützt von etwa 6000 stimmgewaltigen Anhängern. Die Anhänger von Leyton OrientLetzteren gelang es überraschend leicht, aus der Partie ein Heimspiel zu machen: Während die Fulham-Supporter über 90 Minuten nahezu nichts von sich hören ließen, sangen die Ost-Londoner quasi pausenlos. Respekt!

Das Spiel allerdings tat auch sein Übriges. Der krasse Außenseiter trumpfte groß auf, spielte sogar überlegen und kam durch Craig Easton (16.) und Joe Keith (43.) zu einer unerwarteten, aber verdienten 2:0-Halbzeitführung. Nach der Pause riss sich Fulham noch einmal am Riemen: In der 49. Minute gelang Collins John der Anschluss, und als der Schiedsrichter 20 Minuten später auf Elfmeter für Fulham entschied, schien die Partie zu kippen. Doch weit gefehlt: Keeper Glyn Garner verhinderte mit einer grandiosen Parade Johns zweiten Treffer und hielt das 2:1 fest. Fortan agierten die "O's" zwar immer defensiver, schaukelten das Ding aber schließlich über die Zeit. Als erster Viertligist erreichte Leyton Orient somit die 4. Runde im diesjährigen FA-Cup.