Hajduk Split - Dinamo Zagreb 1:0 (Prva Hravtska Nogometna Liga, 15.04.06)

Das Poljud-Stadion mit seinen Muschelhälften Das "Vjeèni Derbi", das ewige Derby also, zwischen Hajduk Split und Dinamo Zagreb ist zweifellos das brisanteste Spiel in Kroatien. Nicht nur die erfolgreichsten und beliebtesten Klubs des Landes treffen hierbei aufeinander, sondern auch zwei Mentalitäten: Auf der einen Seite die hitzköpfigen Hajduk-Fans aus dem venezianisch geprägten Split, auf der anderen Seite die gerne als "kühl" verschrienen "Purgeri" aus der von Wien beeinflussten Hauptstadt Zagreb im Norden.

"Hajduk Split ist die große Liebe aller Bürger der Stadt Split, der ganzen Region Dalmatien, aber auch weltweit", heißt es pathetisch auf der Homepage der White Boys. Ganz Unrecht haben sie nicht: Wer von Split aus gen Süden bis zur 200 Kilometer entferneten Grenze zu Montenegro fährt, findet an Häusern und Felsen immer wieder das runde Wappen von Hajduk oder Hinweise auf die Torcida. Andere Vereine spielen in dieser Gegend scheinbar nur eine Nebenrolle. Damit honorieren die Kroaten auch die sportlichen Erfolge des 1911 gegründeten Vereins: In der 1991 geschaffenen Prva Hravtska Nogometna Liga ging bisher sechsmal der Titel nach Split, erfolgreicher war einzig der heutige Gegner Dinamo mit sieben Titeln.

If you can`t fight with big dogs, stay at home Schlechter Besuch, gute Stimmung

In diesem Jahr sieht es ganz so aus, als ob Zagreb sich Meisterschaft Nummer acht sichern wird. Zu groß ist kurz vor Saisonende der Vorsprung, zu schwach zeigte sich Titelverteidiger Hajduk, der sogar nur mit Ach und Krach den Sprung in die Meisterrunde der besten sechs Klub schaffte. Hier ist selbst der UEFA-Cup außer Reichweite, die Saison praktisch gelaufen - zum Anpfiff um 20.15 Uhr haben sich dann auch nur 10.000 Fans, davon 1500 Anhänger der Gäste, im Poljud-Stadion eingefunden. Für ein Derby sicherlich ein schwacher Besuch.

Die Stimmung ist dabei zumindest in den Kurven dennoch gut. Zwar verzichten beide Seiten zu Spielbeginn zunächst auf Aktionen, die Torcida weiß durch ihr ausgiebiges und kollektives Gehüpfe sowie die zahlreichen Schwenkfahnen aber ebenso zu überzeugen wie die Blauen auf der Gegenseite, die ihre Stimmen geölt haben und lautstark ihr "Dinamo sampion" in den Abendhimmel schreien. Bis zur Halbzeit vergehen somit 45 unterhaltsame, wenn auch torlose Minuten.

Ein wenig Pyro der Hajduk-Fans Viel zu sehen in Halbzeit zwei

Richtig rund geht es aber erst zur zweiten Halbzeit - und maßgeblichen Anteil daran haben die Fans. Zunächst ist die Bühne den Gästen überlassen, die schon in der Pause das untere Drittel des Blocks geleert haben, um ihre Choreo besser zur Geltung bringen zu können. Silberne Pappen zeigen pünktlich zum Einlaufen jeweils das Gesicht einer Bulldogge, dazu fordert das passende (englische) Spruchband auf: "If you can`t fight with big dogs, stay at home". Mit Beendigung der Aktion ist die Torcida am Zug und zeigt eine Choreo über die gesamte Kurve. Banderolen in Blau, Weiß und Rot umrahmen eine Blockfahne, die eine Briefmarke zeigt, auf der die Torcida ihre Fahne in den Boden rammt. Als Wert zeigt die Briefmarke 1950 an - das Gründungsjahr der ältesten Fangruppierung der Welt. Das Sprucband hierzu lautet "Barjak Pobjede Je U Rukama Hrabrih", zu Deutsch etwa "Die Siegesfahne ist in den Händen der Mutigsten" (Danke für die Übersetzung an Goran!).

Noch während die Choreo gezeigt wird - und das sind, anders als in Deutschland, mehrere Minuten - schießt Sebastjan Cimirotic die Führung für die Hausherren. Die Folge ist ausgelassener Jubel im weiten Rund, der noch verstärkt wird, als Zagrebs Anderson 60 Sekunden nach seiner Einwechslung die Rote Karte sieht. Während auf dem Platz damit das Pulver verschossen ist, geht es auf den Rängen munter weiter. Etwa in der 60. Minute präsentieren die Gäste rund 50 Doppelhalter, was zusammen mit ein paar bengalischen Feuern ein gutes Bild abgibt.

Split von oben Botschaft an die Bayern

Die Hajduk-Fans lassen sich ebenfalls nicht lumpen und ziehen wenig später mit einer kräftigen Rauch- und Pyro-Einlage nach. Bemerkenswert auch das Spruchband "ZGB + Shickeria Bayern M. = Crveno Bratstvo" (=Rote Brüderschaft), das durchaus politisch zu verstehen ist und auf zarte Bande zwischen beiden Vereinen anspielt. Bis zum Schlusspfiff vergeht von nun an keine Sekunde mehr, ohne dass irgendwo im Stadion etwas brennt. Kurz vor Ende fliegt auch noch ein Hajduk-Spieler vom Platz, am Ergebnis ändert das allerdings nichts mehr, sodass die Heimfans nach einer schwachen Saison zumindest den Derby-Sieg bejubeln dürfen.

Das Stadion Poljud ist duch seine Lage direkt am Meer sowie der einer Muschel nachempfundenen Form sicher das schönste Stadion Kroatiens und braucht auch den europäischen Vergleich nicht zu scheuen. 1979 anlässlich der Mittelmeerspiele erbaut bot es einst 55.000 Zuschauern Platz, heute passen "nur" noch 38.000 Interessierte in den Nachfolger des Stadions "Stari Plac" (alter Platz). Die beiden Muschelhälften sind dabei nicht nur Blickfang, sondern sorgen auch für eine beste Akkustik. Die Heimfans finden auf der unüberdachten Nordseite statt, im Süden findet sich dagegen nur die Anzeigetafel sowie eine "Wall of Fame", auf der sämtliche Titel Hajduks vermerkt sind. Bemerkenswert außerdem das Denkmal unterhalb des Fanblocks am Eingang "M", dass an die Gefallenen des Unabhängigkeitskrieges erinnert. Darauf heißt es in etwa "Ein mächtiger Stolz ersteht hier auf, mit Glauben und Stärke glänzt die Heimat, die Torcida kommt zum blutigen Bollwerk und die Kroaten werden auf ihren Felsen stehen."

Zwei Videos (0:19 Min, 4,93 MB und 0:27 Min, 7,12 MB) zu diesem Spiel findet ihr im Video-Bereich!

Choreo der Hajduk-Fans Keine Bunker, sondern die Kassenhäuschen Spruchband in Richtung München