Der Irrsinn des Braunkohle-Abbaus am Niederrhein spiegelt sich manchmal auch in kleinen, selten erzählten Geschichten. Der des Hambacher SV etwa.
Es war Anfang der 1980er Jahre, als in Hambach plötzlich das 1959 eröffnete Waldstadion absackte. Der Verursacher war nicht schwer zu finden - in direkter Nachbarschaft wurde seit 1978 in der größten Braunkohlegrube Europas kräftig gebuddelt - mit Folgen auch für die Landschaft nebenan.
"Geländeunterschied mitten auf der Rasenfläche"
Konkret zeigte der Sportplatz "Bergschäden, die infolge der Grundwasserabsenkung deutliche Geländestufen über den Platz legten und das Fußballspielen massiv beeinträchtigten", heißt es in der Vereinschronik. Für die Rheinbraun AG waren das offenbar einkalkulierte Kollateralschäden, das Unternehmen übernahm von 1983 bis 1986 die Kosten für die Ausbesserungsarbeiten.
Das Problem: Es wurde nicht besser, ganz im Gegenteil. "Die Absenkungen nahmen zu und der Ausgleich von weit mehr als 30 cm Geländeunterschied mitten auf der Rasenfläche eines Fußballplatzes und auf den Stehtraversen konnten nicht mehr so einfach beseitigt werden", so die Chronik weiter. Heißt: Ein neues Stadion musste her, wenn auch nur gut 200 Meter entfernt. Also klopfte der HSV wieder bei Rheinbraun an, diesmal allerdings wurde etwas härter verhandelt - mit dem bekannten Ergebnis: "Über zwei Millionen Mark zahlte Rheinbraun für das neue Stadion." Was tut man nicht alles, um weiter Kohle scheffeln zu können (vgl. auch Garzweiler).
Tribüne zum 100. Geburtstag
Immerhin kickt Hambach nun schon seit 1989 ohne Zwischenfälle im "Stadion Sophienhöhe" - benannt nach der künstlichen, riesigen Abraumhalde, an deren Fuß der Sportplatz liegt. Nicht vergessen werden darf aber auch, dass der Industrieriese sich durchaus als Gönner des Klubs zeigte. Als 2019 zum 100. Geburtstag eine Tribüne gebaut wurde, übernahmen Mitarbeiter der RWE Power AG aus dem Tagebau Hambach die Ausbesserungs- und Schweißarbeiten der gebrauchten Stahlträger und die Errichtung der Sitzplatzkonstruktion. Na immerhin.
Fazit: In Niederzier-Hambach, so viel macht diese Geschichte deutlich, ist eben nicht nur der bundesweit bekannte Hambacher Forst vom Kohleabbau betroffen.
Hambi bleibt... Letzter
Grund genug, einmal beim HSV vorbeizuschauen. Immerhin gibt es dort die erwähnte kleine Tribüne zu sehen, aber direkt nebenan auch jenen Platz, der in den 80ern aufgegeben werden musste (und der, ganz nebenbei, im August 1959 mit einem Spiel zwischen der einzigen wahren Borussia und Alemannia Aachen eröffnet worden war). Leider gleicht der Platz inzwischen mehr einer Baustelle, siehe Foto rechts - ein wenig hatte ich ja auf zerbrochene Betonstufen gehofft :-)
Geckickt wurde auch: Hambach ging als punktloses Schlusslicht in das Kellerduell vor 80 Zuschauern, führte bis zur 73. Minute - und ging dann noch unter. Sehr zur Freude übrigens der 10 - 15 "Oidtweiler Jungs", die den Gast (sogar mit Zaunfahne!) unterstützten.
Und Hambach? "Mythos HSV - Unabsteigbar" stand auf einer weiteren Zaunfahne. Tja, diesem Irrglauben war auch schon ein ganz anderer HSV einst aufgesessen... So heißt es wohl eher: Hambi bleibt - Abstiegskandidat Nummer eins.
Bleibt der Blick auf die Stadionmusik... Vielleicht "Mein Freund der Baum ist tot" von Alexandra? Nun, nicht ganz...
Die Setlist des Hambacher SV:
1. Kerstin Ott - Die immer lacht. Was soll ich sagen - ich find das Dingen in der Stereoact-Version richtig gut.
2. Sportfreunde Stiller - Das Geschenk. Die Sportis brachten zuletzt leider wenig Starkes raus - das hier ist die große Ausnahme. Gutes Ding!
3. Starley - Call On Me. War 2016 Platz 7 in Deutschland, warum auch immer. Macht mich persönlich mal so gar nicht an.
4. Justin Timberlake - Can't Stop the Feeling! Hilft ja nix: Der Song passt, lässt die Füße wippen und macht gute Laune.
5. Clueso - Neuanfang. Lief zum Einlaufen der Teams, vielleicht als Motivation für die punktlosen Hambacher. Hat leider nicht funktioniert. Ach so: Gutes Ding.
Fazit: Sämtliche Songs stammen aus 2016 - sieht stark nach einem Sampler im CD-Laufwerk aus, auch wenn Google nichts ausgespuckt hat. Dennoch: Gute Auswahl, vor allem die Sportis haben mich nochmal gepackt. Macht ne glatte 2. Zum Gesamtstand.