Darmstadt 98 II - Auswahl TU Darmstadt 1:6 (14.7.2024, Freundschaftsspiel)

Hochschulstadion in Darmstadt

In Deutschland schlummern zahlreiche Stadionperlen vor sich hin, ohne je bespielt zu werden. Noch. Denn längst darf von einem Trend gesprochen werden, eben jene Schätze zu heben, und sei es nur für ein Spiel. Im Ernst-Grube-Stadion von Riesa etwa wurde unlängst sogar Rasen gesät, um einen letzten Kick zu ermöglichen.

Blick zum Marathontor
Ganz Ähnliches tat sich nun in Darmstadt, wo laut der Organisatoren "nach ca. zwei Jahrzehnten" wieder ein angemeldetes Spiel im denkmalgeschützten Hochschulstadion ausgetragen wurde. Das lockte Stadionfreunde aus ganz Deutschland und darüber hinaus: Auf einer Karte direkt hinter dem wunderschönen Eingangsportal durfte jeder Besucher mit einem Pin seine Herkunft markieren. Von Dänemark über Tschechien, Österreich, der Schweiz und Frankreich bis nach Belgien war alles dabei, alle Ecken Deutschlands sowieso.

Seit 1985 unter Denkmalschutz

Eingangsportal
Was also lockte all die Menschen nach Darmstadt? Nun: Von einer "in Deutschland wohl einmaligen in sich geschlossenen Sportanlage" spricht die Seite darmstadt-stadtlexikon, und gemeint ist das sehenswerte Eingangsportal, das Marathontor genau gegenüber und vor allem das 1928 hinzugefügte Schwimmbad, das direkt neben dem Spielfeld liegt - und bei bestem Wetter heute natürlich gut besucht war. Seit 1985 steht die gesamte Anlage "als ein wichtiges Beispiel des Internationalen Stils der 1920er Jahre" unter Denkmalschutz.

Das erwähnte Schwimmbad führte zu manch kuriosen Situationen. Bereits auf der Eintrittskarte war vermerkt, dass das "Fotografieren von Badegästen unbedingt zu vermeiden ist" und daher auch keine Teleobjektive erlaubt sind. Tatsächlich lief dann auch der Bademeister immer wieder um das Becken, um den einen oder anderen enthusiastischen Stadion-Fotografen zu ermahnen. Wobei die Badegäste eher verdutzt schienen ob des ungewohnten Auflaufs um sie herum.

Schwimmbad
Aufkleber unerwünscht

Zudem waren Pyro und Aufkleber unerwünscht - in einer denkmalgeschützten Anlage sicher eine Selbstverständlichkeit - sowie der Wunsch geäußert worden, auf das Tragen von Vereinsutensilien zu verzichten, da bei den Gastgebern zum Teil Mitglieder der Fanszene kickten. Daran hielten sich dann auch alle - schön. Schön auch, dass vor dem Anstoß Prof. Dr. Thomas Spengler vom vereinshistorischen Referat der 98er über die Stadionlautsprecher einen kurzen Vortrag über das Stadion hielt. Coole Aktion.

Wo kommt ihr her?
Nicht verschwiegen wurde bei dem Referat auch die Nazi-Zeit, in der im Stadion unter anderem ein HJ-Sportfest stattfand, bewegte Bilder dazu gibt es beispielsweise hier. Dort ist auch zu sehen, dass auf besagtem von Säulen geprägtem Eingangsportal damals der Spruch "Der Wille zur Leistung führt zur Leistung" (innen) und "Dem Vaterlande gilt es, wenn wir zu spielen scheinen" (außen) zu lesen waren. Beide Sätze wurden nach Kriegsende schnell entfernt, heute ist dort nur noch "Hochschulstadion" zu lesen.

Lieberknecht schaut vorbei

Zurück in die Gegenwart. 834 Zuschauer kamen, die 998 zur Verfügung stehenden Karten gingen also nicht komplett weg, auch Darmstadts Trainer Torsten Lieberknecht schaute vorbei und sah ein recht deutliches 6:1 der TU-Auswahl. Aber das war am Ende recht egal. "Wenn sich nach dem Match sogar der Schiri als Groundhopper outet und gefachsimpelt wird, ob er das jetzt zählen kann oder nicht, haben wir heute hoffentlich einigen Leuten einen guten Tag beschert", schrieben die Veranstalter nach dem Spiel. Oh ja, das haben sie!

Und es geht weiter: Das Spiel war kaum vorbei, da wurde für den 24. August schon das nächste "Lost-Ground-Match" angekündigt, diesmal wird der Ball in der Radrennbahn Bielefeld rollen. Und auch für uns ging es sofort weiter, und zwar im Sauseschritt. Etwa zehn Minuten hatten wir Zeit, um pünktlich bei Rot-Weiß Darmstadt aufzulaufen...

Blick zum Schwimmbad  Groundhopping Hochschulstadion  Gras

Eintrittskarte Hochschulstadion Darmstadt