"Was nützt ein Leben lang Petting, wenn man nicht zu Potte kommt?", ruft Trainer Peter Kosprd zu den Spielern des SC Jülich 1910, die einfach den Ball nicht reinbekommen. Die Szene ist eine von vielen Klassikern der DSF-Reportage "Kreisklasse", die sich 2004 mit dem tief gefallenen Traditionsklub aus der Nähe von Aachen beschäftigte. Und die es zum Glück
hier noch zu sehen gibt.
Das DSF wählte nicht ohne Grund die "Zehner" für seine Reportage aus: Dreimal in Folge (1969, 1970, 1971) wurde der Klub deutscher Amateurmeister - Rekord. Mehrfach spielte Jülich im DFB-Pokal, so auch 1991, als die Borussia hier in der dritten (!) Runde nur mit 1:0 gewann. Das Tor im damals mit 6500 Zuschauern ausverkauften Karl-Knipprath-Stadion gibt es ebenso wie Borussias Fankurve ab Minute 2:45
hier zu sehen.
Ein Rekord für die Ewigkeit
Der SC Jülich hat also durchaus eine bewegte Geschichte. "Einmal pleite, zweimal gegründet, dreimal deutscher Amateur-Meister. Ein Rekord für die Ewigkeit", heißt es noch in der DSF-Reportage. 13 Jahre später ist das bereits überholt, inzwischen ist der Klub ein weiteres Mal Bankrott gegangen und musste 2010 in die Kreisliga C hinab. Seither gab es immerhin zwei Aufstiege, die Gegenwart heißt dennoch nicht Gladbach im DFB-Pokal, sondern TuS Langerwehe im Kreispokal Düren. Der Gast aus Langerwehe spielte übrigens auch schon im DFB-Pokal gegen die Borussia (1980, 1:7), aber das ist eine andere Geschichte.
Das Karl-Knipprath-Stadion erinnert mit seinem Fassungsvermögen von 6500 noch ein wenig an die guten, alten Tage. Die kleine, überdachte Tribüne zieht sich fast über die komplette Längstseite, zwischen den Sitzbänken sprießt allerdings bereits das Unkraut. Gleiches gilt für die breiten Stufen gegenüber, die ebenfalls von Eckfahne zu Eckfahne angelegt wurden. Alles in allem also gar nicht so übel. Tatsächlich erwog Alemannia Aachen vor wenigen Jahren wegen der enormen Kosten am Tivoli den Umzug hierher (siehe
TV-Bericht), was am Ende aber wohl mehr eine Drohung als ernstgemeinte Überlegung war.
Furioser Auftakt
Zurück in die Gegenwart. Der erfolgreichste deutsche Amateurverein aller Zeiten weist beim Stadioneingang auf einer Tafel mit drei Sternchen auf seine Erfolge hin, ein paar Meter weiter findet sich auch eine weitere, arg bemooste Tafel mit dem Hinweis auf das Karl-Knipprath-Stadion und den 1987 verstorbenen Namensgeber (ehemals Bürgermeister und Ehrenvorsitzender). Direkt nebenan hat zudem der SV Jülich 1912 sein Vereinsheim (?) - die "Zwölfer" sind der Lokalrivale der "Zehner".
Im heutigen Pokalspiel führt Achtligist Jülich gegen Siebtligist Langerwehe schnell mit 2:0, das 3:0 wird wegen Abseits nicht anerkannt, und wenig später steht es 2:2. Gespielt sind da gerade einmal 22 Minuten - die etwa 70 Zuschauer, von denen viele dem Gast die Daumen drücken, sind begeistert. Bis zum letzten und entscheidenden Tor dauert es dann allerdings, erst in der 89. Minuten schießt sich Favorit Langerwehe in die nächste Runde.
Viel kaufen kann sich der SC Jülich von seiner großen Tradition eben nichts. Oder, wie es Trainer Kosprd in der DSF-Reportage so schön sagte: "Wir sind Jülich 10. Wir haben nichts mehr damit zu tun, aber wir müssen immer wieder damit leben."