Borussia - Stuttgarter Kickers 1:0 (15.04.01)

Berichte über Heimspiele gegen graue Mäuse zu schreiben, gehört zu den leidigen Pflichtaufgaben eines jeden Fanzineredakteurs. Auch dieses Mal schienen die Ereignisse auf dem Rasen bzw. den Rängen höchstens Stoff für zweieinhalb Zeilen zu bieten, zumindest war dem bis zur neunzigsten Minute so, aber der Reihe nach...

Erik trat heute endlich den Beweis an, nicht vom anderen Ufer zu sein, war er doch in weiblicher Begleitung (nein, es war nicht seine Mutter!). Lissi, so der Name seiner Angebeten, war zum ersten Mal bei einem Fußballspiel, ihre Fragen (Wie lange dauert so ein Spiel? oder Welche Mannschaft ist denn Gladbach?) mögen Beleg dafür sein. Schnell die Regeln erklärt ("Wenn Gladbach heute verliert, warst du zum ersten und letzten Mal dabei!" ), und los ging´s vor 22000 Zuschauern, davon jeweils ca. 100 aus Stuttgart bzw. Ahlen, deren Spiel in Saarbrücken ausgefallen war. Dank Peter "ich bin nicht nur Feuerwehrmann, sondern will langfristig was aufbauen" Neururer befinden sich die Ahlener Fans auf einem emotionalen Höhenflug, der in Gesängen wie "Nie mehr zweite Liga" gipfelte. Sollte dieser Retortenverein wirklich aufsteigen, machen sich wahrscheinlich auch so tolle Mannschaften wie der SC Verl, Wacker Burghausen oder der SC Pfullendorf Hoffnungen auf einen Durchmarsch in die höchste Spielklasse des deutschen Fußballs, einen potenter Geldgeber vorausgesetzt. Aber in Zeiten von Pay-TV & CO muss man ja mit allem rechnen...

Zurück zum Spiel, das unsere Borussia zwar dominierte, echte Torchancen blieben jedoch vor allem in Hälfte 1 Mangelware. Nach der Pause das gleiche Bild, Stuttgart war nur auf den ermauerten Punktgewinn aus, so dass sich alle schon mit einem Unentschieden abgefunden hatten - den Schiedsrichter ausgenommen. Dieser hatte wohl bei Oddset auf Sieg für Gladbach getippt, jedenfalls gab es in der 90. Minute nach einer Rangelei im Strafraum Elfmeter für uns. Nach den traumatischen Ereignissen beim Pokalhalbfinale in Berlin war dies jedoch nur bedingt Anlass zur Freude. Die folgenden Sekunden waren wohl nicht nur meiner Lebenserwartung abträglich, denn jetzt folgte ein Nervenkrimi, "den auch Hitchcock nicht besser hätte inszenieren können" (Heribert Fassbender). Igor Demo schnappte sich den Ball, lief an ... und wurde vom Schiri zurückgepfiffen, da der Ball noch nicht freigegeben war. O.K., Luft holen und neuer Versuch.... Wieder läuft Demo an und verwandelt eiskalt, alles liegt sich in den Armen, der Aufstieg wieder ein Stück näher gerückt! Doch dann die Ernüchterung: KEIN TOR! Scheinbar war ein Spieler zu früh in den Strafraum gelaufen, die ganze Prozedur noch mal. Und es kam, wie es kommen musste: nicht nur wir, auch Igor Demo hatte die Hosen voll, halbhoch und unplatziert sein Schuss, somit leichte Beute für den Stuttgarter Keeper. Dieser ließ den Ball jedoch vor Demo`s Füße prallen, der erlösende Siegtreffer in letzter Sekunde nur noch Formsache.

Man kann über Gladbachs Fanszene sagen, was man will, aber einen Torpogo dieser Art gibt es wohl kein zweites Mal in Deutschland: Dutzende von Menschen werden meterweit nach unten gerissen, riesige Lücken im Block erwecken den Anschein eines Meteoriteneinschlags, ein Konzert, bei dem Biohazard und Exploited gleichzeitig auf der Bühne stehen, wäre dagegen ein Kindergeburtstag. Und das schöne dabei ist: richtig was passiert ist dabei bisher nie, ein paar blaue Flecken muss man halt in Kauf nehmen. Hoffentlich bekommen wir niemals diese Vario-Stehplätze! Tja, eigentlich ein perfekter Tag, wäre meine Mutter nicht früher als angekündigt aus dem Urlaub wiedergekommen und hätte mein noch nicht beseitigtes Ergebnis eines feucht-fröhlichen Trinkgelages lautstark kommentiert, aber selbst die 15-minütige Predigt lässt einen an einem solchen Tag kalt...

Ach ja, Glücksbringer(in) Lissi war trotz des Sieges wohl zum ersten und letzten Mal dabei. Fußballfans sind ihr wohl - nett ausgedrückt - nicht ganz geheuer... (AF)