Pele, Franz Beckenbauer, am Ende sogar Hennes Weisweiler: Vor allem in den Jahren 1977 bis 1981 war New York Cosmos einer der schillerndsten Namen des Fußballs. Die "Supergroup der Popwelt" (11Freunde) verhalf Soccer in den USA zu ungeahnter Popularität, die Geschichten aus dem Giants Stadium gelten heute ebenso als Klassiker wie die Storys der verruchten Spielerpartys im legendären Nachtclub Studio 54.
Begehrter Name
Doch die Party war kurz, der Rausch umso länger. Als Cosmos 1985 den Spielbetrieb einstellte, war das schon nur noch eine Randnotiz. Seither lagen die Rechte an Name und Logo beim letzten Geschäftsführer des Klubs, G. Peppe Pinton. Der wehrte Anfragen - unter anderem von Red Bull - lange Zeit kategorisch ab, leitete 2010 mit dem Verkauf aber doch die Wiedergeburt von Cosmos ein. Verkündet von keinem Geringeren als Pele höchstpersönlich.
Bis zum ersten Pflichtspiel sollte es noch drei Jahre dauern. Erst am 3. August 2013 lief das neue Cosmos erstmals in einem Ligaspiel auf, unter den 11.900 Zuschauern im ausverkauften Stadion waren auch Ex-Spieler wie Pele und Carlos Alberto. Ein wenig war es wie früher: Der Gegner hieß Fort Lauderdale Strikers - Gerd Müller lässt grüßen, die Liga war die unter der MLS angesiedelte North American Soccer League. Beides ebenfalls vertraute, reaktivierte Namen aus der großen Vergangenheit.
Zurück zu den Wurzeln
Auch bei der Wahl seines Heimstätte setzt Cosmos auf Kontinuität: Gespielt wird auf dem Gelände der Hofstra Universität in Hempstead, etwa 30 Kilometer östlich von New York City. Genau dort also, wo Cosmos auch 1972 und 1973 vor dem späteren Umzug ins Giants Stadium kickte. "Hofstra hat für uns historische Bedeutung. Es ist der perfekte Ort, um auf den Rasen zurückzukehren", sagte Klubchef Seamus O'Brien.
Und so herrscht auch bei uns durchaus Neugier, als wir uns am Sonntagmittag auf den Weg machen. Von der Penn Station im Herzen Manhattans geht es mit der Long Island Rail Road bis nach Mineola, wo kostenlose Shuttlebusse zum Stadion warten. Diese stellen sich als die typischen gelben US-Schulbusse heraus, fast erwartet man Otto von den Simpsons am Steuer. Den ersten Pluspunkt hat der Klub damit schonmal auf der Seite.
Franz ist überall - fast
Am James M. Shuart Stadium angekommen, lächelt uns erst einmal Franz Beckenbauer entgegen: Eine Pappfigur des Kaisers lockt in den Fanshop, und wer kann da schon nein sagen. In den Regalen gibt es die alten Trikots von Pele, Beckenbauer und Co., aber auch neue Shirts und Pullover mit dem Kult-Logo. Ich gebe zu: Mit leeren Taschen konnten wir den Laden nicht verlassen, zumal es zum letzten Heimspiel der Saison heute 30 Prozent Rabatt auf alle Artikel gab.
Am Kassenhäuschen sind wir mit 15 Dollar dabei, Ermäßigungen gibt es für Studenten und Army-Angehörige. Typisch Amis eben. Im noch leeren Stadion überrascht zunächst einmal die nach südamerikanischem Vorbild gut beflaggte Kurve ("La Banda Del Cosmos", "Hinchada", "Once and future kings"). Nanu, noch keine drei Monate im Spielbetrieb und schon Ultras? Verrückt.
Offiziell 5624 Zuschauer
Nach den live gesungenen Nationalhymnen der USA und Kanadas geht es los, und auch hier sind Beckenbauer und Pele allgegenwärtig. Im Fanblock sind während des gesamten Spiels große Pappköpfe der beiden Idole zu sehen, rund um das Stadion wehen große Fahnen, auf denen Nummern und Namen an die Helden von einst erinnern. Komisch nur: Auf den Trikots werden Peles Nummer 10 und Chinaglias Nummer 9 bei Cosmos nicht mehr vergeben, Beckenbauers Nummer 6 dagegen läuft munter über den Rasen. Wenn das der Franz wüsste.
Dann wird gespielt, vor doch nur halbvollen Rängen. Die offizielle Zahl von 5624 Zuschauern wirkt fast ein wenig zu hoch, der erste Boom scheint vorbei. Dabei geht es heute um viel: Wenn Cosmos gewinnt, stehen sie als Meister der Herbstsaison fest und dürfen im November gegen den Frühjahrschampion Atlanta Silverbacks um den "Soccer Bowl 2013" spielen. Doch das misslingt knapp, in der 90 Minute kassiert Cosmos den Ausgleich, nicht nur die obligatorischen Cheerleader ("Cosmos Girls") sind enttäuscht.
Immerhin war die Stimmung vorher überraschend gut, gesungen wurde fast durchgehend und meist Spanisch. Populärster Song: "Vamos - vamos todos - esta noche - tenemos que ganar". Respekt.
Drei MLS-Klubs aus New York?
Das James M. Shuart Stadium, benannt nach dem ehemaligen Präsidenten der Hofstra Universität, verfügt über eine Kapazität von 11.929, auch wenn sich hier bei einem Lacrosse-Spiel einmal 13.447 Fans drängten. Auch das alte Cosmos begrüßte am 30. August 1972 zu einem Testspiel gegen Dynamo Moskau einmal 13.205 Zuschauer, wenige Wochen zuvor waren zum Punktspiel gegen die Toronto Metros ganze 1200 Interessierte gekommen. Übrigens: Schon 1968 lag hier Kunstrasen, 2012 folgte die letzte Erneuerung.
Bleibt die Frage: Wie geht es weiter mit Cosmos? Der Verein hat nie einen Hehl daraus gemacht, langfristig in der MLS in einem noch zu bauenden Stadion spielen zu wollen. Daher war es ein herber Rückschlag, als im Mai 2013 der New York City FC als 20. Klub in die Topliga aufgenommen wurde. Wenige Wochen später gab die MLS immerhin bekannt, bis 2020 vier weitere Teams aufnehmen zu wollen. Und New York sei groß genug für drei Profiklubs, ließ Cosmos umgehend mitteilen. London schaffe das schließlich auch.
Zum Schluss der Blick auf die Stadionmusik. 70er-Jahre Disco-Hits? Zum Glück nicht...
Die Setlist von New York Cosmos:
1. Carly Rae Jepsen - Call Me Maybe. Mit nur drei Zeilen einen Hit schaffen - hier klappt es.
2. Thin Lizzy - The Boys Are Back In Town. Passender geht es wohl kaum. Daumen hoch!.
3. Maroon 5 feat. Christina Aguilera - Moves Like Jagger. Das Gepfeife, die Aguilera - alles einfach grausam.
4. Cheap Trick - Surrender. Mommy's alright, Daddy's alright. Na dann.
5. Macklemore - Can't Hold Us. Zu oft gehört, zu nichtssagend, zu doof.
6. Jay-Z feat- Alicia Keys - Empire State of Mind. Eine großartige Hymne an New York, und das in New York. Yeah!.
7. Icona Pop - I Love It. Leider sehr unterhaltsam, das Stück. Dabei doch eigentlich sooo dämlich.
8. Coldplay - Viva la vida. Auch wenn ich den Coldplay-Hype nicht teile zweifellos ein guter Song.
9. Avicii - Wake Me Up. Beste Zeile: Hope I get the chance to travel the world. Schönes Schlusswort.
Fazit: Fazit: Thin Lizzy und Jay-Z stechen aus dem Charts-Kram hervor und rechtfertigen die glatte 3. Zum Gesamtstand.