AC Reggiana - Sambenedettese Calcio 1:0 (Serie C1, 21.12.2008)

Das Stadio Giglio in Reggio

Manchmal braucht man nicht die Vereinschronik zu lesen, um die Geschichte eines Klubs zu verstehen. Manchmal reicht einfach ein Blick auf die Stadien. In Reggio Emilia etwa ragen mitten im Zentrum der Stadt mächtige Flutlichtmasten empor und weisen den Weg zum Stadio Mirabello mit seinen einst 17.000 Plätzen. Doch außerhalb der Stadt, auf dem freien Feld, steht das moderne, 30.000 Mann fassende Stadio Giglio, viel zu groß geraten für einen Klub, der gerade erst in die dritte Liga aufgestiegen ist.

Das Stadio Giglio in Reggio Emilia
Ein Blick auf das Baujahr verrät mehr: 1995. Was muss das für eine Euphorie gewesen sein, als der Klub unter Trainer Carlo Ancelotti in die Serie A aufstieg und sich dort insgesamt drei Jahre hielt (zuletzt 1997). Kein Wunder, dass da ein neues, modernes Stadion her musste. Doch was ist geblieben vom Aufbruch? Zehn Jahre später verirren sich gegen Samb 2291 Zuschauer auf den Tribünen, während das ehrwürdige Mirabello nur noch Rugby-Spiele beherbergt. Auch das ist Vereinsgeschichte.

"Serie B - Yes, we can!"

Immerhin aber geht es mit dem Ex-Klub von Dietmar Beiersdorfer wieder bergauf. Sogar der Durchmarsch scheint möglich: "Serie B - Yes, we can!", heißt es im Stadionheft. Und so betreten wir durchaus erwartungsfroh das neue, nach der Region Giglio benannte, viel zu große, von vielen Zäunen umgebene, und unter dem Strich etwas zu steril wirkende Stadion.

Die erste Überraschung findet sich im Gästeblock: Vor den etwa 60 "Samb"-Tifosi hängt eine Zaunfahne der Schickeria. Jene Verbindung war (nicht nur mir) neu, Spekulationen über Hintergründe erspare ich mir daher. Etwas voller wird es in der Heimkurve, die von drei Capos mehr oder weniger engagiert dirigiert wird - für meinen Geschmack allerdings schon etwas zu aggressiv. Aber das sei jeder Gruppe selber überlassen.

Sambenedettese-Fanblock mit Schickeria-Fahne in Reggio
Überraschend ist zudem, dass in Reggio erstmals auf unserer Tour im Stadion Musik gespielt wird, die über das Vereinslied hinausgeht. Zeit also, einen Blick auf die "DJ-Ötzi-Hitmix-Skala" zu werfen:

Die Setlist der AC Reggiana:

1. Modern Talking - You're my heart, you're my soul. Äääh, ja, seichter Dance-Pop halt. Blöd.
2. Mark'Oh - Fade to grey. Ah, Mark'Oh, lange nicht mehr gehört. Lustig, lustig.
3. The Twins - Face to Face. Noch mehr alter deutscher Synthie Pop. Wer bitte sitzt da am DJ-Pult?
4. Gazebo - I Like Chopin. Die Zeitreise geht weiter. Italo-Pop, wie er im Buche steht. Süß :-)

Fazit: Seit den Serie-A-Zeiten hat scheinbar niemand in der Stadionregie die CD gewechselt. Immerhin eine ungewöhnliche Auswahl. Reicht für eine 4+. Zum Gesamtstand.

Ach ja, das Spiel - nun ja, ich habe schon bessere gesehen. Sogar sehr viele bessere, um genau zu sein. Immerhin fällt dann doch noch ein Tor (---> Highlights), Reggiana darf weiter vom Durchmarsch träumen, und für uns heißt es ab zum Flughafen Bergamo, wo auch die Mitfahrer Fabian und Daniel aufgelesen waren, die zeitgleich bei Atalanta gegen Juve waren. Über Hahn geht es nach Hause, um die italienischen Weihnachts-Mitbringsel in Geschenkpapier zu hüllen. Buon Natale!

Fans von AS ReggianaDas Stadio Giglio von AußenEnthüllt: Micky Maus wohnt in Reggio Emilia