Ins Stadion geht es durch einen engen Spalt in einer Backsteinmauer, innen gibt es auf allen vier Seiten kleine Stehtribünen mit Geländer, und als Höhepunkt thront an der Längsseite eine sehenswerte Tribüne im Old-School-Stil: Wer die Ship Lane des englischen Sechstligisten Thurrock FC betritt, wähnt sich in die gute alte Fußballzeit versetzt.
Die Wahrheit sieht jedoch ein wenig anders aus: Klub und Stadion entstanden erst 1985, die Tribüne gar erst 1988. Der ganze Komplex gehört sogar eigentlich zu einem Hotel - von einem Traditionsklub kann hier also bei Weitem nicht die Rede sein. Und doch muss man den Machern ein großes Kompliment machen: Wer beim Bau eines neuen Stadions auf Firlefanz verzichtet und so viel Geschmack beweist, hat meine sämtlichen Sympathien.
Kaffee in der Hand, WM-Held auf dem Platz
Freundschaftlich gesinnt ist den Gelb-Grünen offenbar auch West Ham United: Zwischen beiden Vereinen besteht eine Art Partnerschaft, die regelmäßige Testspiele gegeneinander beinhaltet und der Hammers-Reserve ein Heimstadion nahe dem Londoner East End (wenn auch politisch bereits in Essex) beschert. So auch heute, wo bereits um 14 Uhr vor 250 Zuschauern das Spiel der Premier Reserve League gegen Manchester City angepfiffen wird.
Mit einem wärmenden Kaffee in der Hand und säuselnden Worten der Verkäuferin im Ohr ("Thanks, my love") gibt es, gelehnt auf die Werbebande, einen intensiven Kick zu sehen. Mit durchaus Prominenz auf dem Platz: Bei West Ham steht Winston Reid in der Startelf, der erst vor vier Monaten bei der
WM in Südafrika zu
Neuseelands Nationalheld wurde. West Hams späten Ehrentreffer schießt heute schließlich Frank Nouble, seines Zeichens englischer U19-Nationalspieler.
Komische Liga, komische Musik
Das Stadion an der Ship Lane, auch als "Thurrock Hotel" geführt, ist wie erwähnt ein sehenswerter Ground. Was in der Premier Reserve League leider eher selten vorkommt: Während etwa Aston Villas Zwote häufig sogar im großen Villa Park spielt, kicken andere Reserve-Teams wie Arsenal meist auf dem heimischen Trainingsplatz - und das auch noch unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Gut, wenn man so wie die Hammers einen sympathischen Nachbarn hat.
Bleibt die Frage: Was für Musik wird in Essex gehört? Zeit für den Blick auf die Stadionmusik.
Die Setlist von West Hams Reserve:
1. Calvin Harris - I'm Not Alone. Elektropop aus Schottland. Song und Album schafften 2008 Platz eins in England. Was mich dann doch etwas überrascht...
2. John Miles - Music. Läuft gerne nachts um 3.37 Uhr auf SWR3. Und gewinnt sämtliche Hörercharts. Zurecht! Ein wahre Hymne. Music was my first love!
3. Lady Gaga - Bad Romance. Im Mai 2009 hatte ich noch keine Meinung zur Lady. Inzwischen nervt sie. Auch wenn das hier einer ihrer besseren Songs ist.
4. 3OH!3 - Starstruck. "Three oh three" hat diesen Song später mit Kate Perry aufgenommen. Machte ihn auch nicht besser. Allein dieses nervige Pfeifen...
5. Black Eyed Peas - Meet me halfway. Ein weiteres Beispiel dafür, dass ich die BEP derzeit nicht mag.
6. JLS - Everybody in Love. Wurden bei der Castingshow The X Factor 2008 Zweite. Was soll man sagen? Schleimige Boybands gehen wohl immer...
7. The Saturdays - Ego. Britische Girlband, klingt n bisschen wie Lady Gaga. Radio-Gedudel halt.
8. Timbaland feat Katy Perry - If we ever meet again. Ach nö, da hat Kollege Timbaland schon besseres produziert. Kein gutes Ende.
Fazit: Sehr, sehr britisch. Aber ist ja auch (fast) London. Trotzdem insgesamt nicht so mein Ding. Macht ne 4. Zum Gesamtstand.