Sint-Lenaarts ist ein 5000-Einwohner-Kaff in der Nähe von Antwerpen, die Heimat der Miss Belgien 2016 sowie dreier Frituurs und natürlich des Fußballklubs KFC Sint-Lenaarts, der 2017/2018 immerhin noch viertklassig spielte. Damit wäre eigentlich schon ziemlich viel über unser heutiges Ziel gesagt.
Denn, wenn man ehrlich ist, interessierte uns der Gegner unserer heutigen Partie doch noch ein wenig mehr. Denn Lyra-Lierse ist einer der zwei Klubs, auf die sich die Fans des viermaligen Meisters Lierse SK nach dem Bankrott des Traditionsvereins im Mai 2018 quasi "verteilten".
Die zwei Erben des Lierse SK
Grob gesagt standen die Lierse-Fans im Sommer 2018 vor einer seltsamen Wahl. Möglichkeit eins: Dem extra gegründeten Fusionsklub "Lierse Kempenzonen" folgen, der in der 3. Liga antritt und sowohl das Logo als auch das bisherige Stadion von Lierse übernahm. Oder Möglichkeit zwei: In Liga fünf den ebenfalls neuen Zusammenschluss mit dem Lokalrivalen TSV Lyra, nun "Lyra-Lierse" genannt, unterstützen. Was ziemlich schnell zu der schwierigen Frage führte (und führt), was eigentlich die Seele eines Vereins ausmacht.
Die Mehrheit beantwortete diese Frage mit "Wappen", "Stadion" und natürlich "höhere Liga". Der harte Kern der Lierse-Supporter wählte dagegen den Verein, der zwar zwei Ligen tiefer über Dorfplätzen tingelt, seinen Fans dafür aber eine gehörige Mitsprache garantiert hat. So gehören zwei demokratisch gewählte Fans zum Vorstand, zudem haben die Anhänger bei "Fragen der Identität" ein Veto-Recht - etwa beim Namen, den Farben oder dem Standort des Stadions (das alte von Lyra wurde je leider abgerissen).
Pyro vor dem Stadion
Heute Abend spielen beide "Lierses" sogar parallel - der Drittligist daheim, der Fünftligist hier in Sint-Lenaarts. Irgendwie verrückt. Schon bei der Ankunft der Gäste werden noch vor dem Einlass mehrere Bengalos gezündet, am Ende stehen etwa 250 Fans auf den wenigen Stufen der Gegengerade. Um den Hals übrigens einen bunten Mix an Schals: Lyra-Lierse spielt daheim stets in Gelb-Schwarz, auswärts dagegen wie der alte TSV Lyra in Rot-Weiss. Pyro gibt es zwar keines mehr, dafür aber Dauer-Gesänge, meist übrigens auf Englisch.
Die kleine, aber feine Haupttribüne ist ebenfalls gut besucht, immerhin steht ja auch das Spitzenspiel zwischen dem Zweiten und dem Ersten auf dem Programm. Insgesamt dürfte die Zuschauerzahl bei etwa 500 liegen - gar nicht schlecht für Liga fünf. Das Spiel dagegen ist eher zäh, die zwei Tore sind eigentlich die einzigen Höhepunkte - besonders schön übrigens der Torjubel der Gäste direkt vor den mitgereisten Fans.
Und dann geht es auch schon wieder zurück. Wie übrigens schon auf dem Heimweg ganz ohne Navi, schließlich haben wir heute den "Old-school-Tag" ausgerufen, mit Schilder lesen und Durchfragen. Und, was soll ich sagen? Insgesamt nur 200 Meter Umweg können sich doch sehen lassen.