Vardar Skopje - Rabotnicki Skopje 0:0 (Prva Liga Mazedonien, 24.11.2007)

Das Stadion Gradski in Skopje

Wer sich in Deutschland über die späte Terminierung der Ligaspiele aufregt, sollte einmal einen Blick nach Mazedonien werfen. Okay, der Vergleich hinkt ein wenig, aber gönnen wir uns den Spaß. Als nahezu unmöglich stellte sich bis zuletzt der Versuch heraus, den korrekten Termin für das Hauptstadtderby zwischen Vardar und Rabotnicki herauszufinden. Noch am Freitagmittag, kurz vor Abflug nach Sofia, meldeten die meisten Quellen (direkte Anfragen blieben unbeantwortet) den Sonntag. Aber: "We are talking about Macedonia and nothing is sure until the day before the match", hieß es in einem Fanforum, wo ich letztlich auch den entscheidenden Hinweis erhielt: Gespielt wird Samstag, 13 Uhr. Na dann...

Außenansicht der Haupttribüne des Stadion Gradski in Skopje

Auf diese Information vertrauend setzte ich mich am Samstag um 7.30 Uhr am Sofioter Busbahnhof in einen viel zu engen Minibus (Mitfahrer Christoph zog das kleine Derby Lokomotiv - Levski vor) und betete, dass die Mühen sich lohnen sollten. Die Fahrt durch das gebirgige Grenzgebiet, vorbei an herrlicher Landschaft und verarmten Dörfern, sowie das einstündige Grenzprocedere (viermal den Reisepass zeigen!) waren jedenfalls schon ein Erlebnis für sich. Nach fast sechs Stunden (Ortszeit 12.15 Uhr) stand ich schließlich vor dem Stadion Gradski in Skopje, wo jedoch keine Menschenseele zu sehen war. Alles umsonst? Rückfahrt ohne Länderpunkt? Moment, hatte nicht der Opa dort in der Ecke einen Block Tickets in der Hand? Tatsächlich - für umgerechnet 1,70 Euro betrat ich als erster Zuschauer das leere Rund, das sich erst kurz vor Anpfiff halbwegs füllen sollte. Glück gehabt....

Für 1,70 Euro auf die imposante Haupttribüne

Am Ende waren es 1500 Zuschauer, die sich das Spitzenspiel zwischen dem Dritten und dem Ersten der Prva Liga anschauen wollten. Auch für Stimmung war gesorgt: Auf der Heimseite wedelten etwa 70 Vardar-Anhänger (Zaunfahnen: Loyal Fans, Komiti, Front) über 90 Minuten mit ihren kleinen Fahnen, die Gäste wurden von etwa 40 Unermüdlichen (Romanticari) auf der Haupttribüne unterstützt. Der Rest lehnte sich zurück, knabberte Sonnenblumenkerne und regte sich über ein wirklich grottiges Spiel auf. Auch wegen des schlechten Platzes - die Schlammschlacht zwischen Mazedonien und Kroatien lag gerade eine Woche zurück - waren eher die Grobmotoriker gefordert. Die Folge: Unzählige, zum Teil ziemlich brutale Fouls, eine Rote Karte plus Rudelbildung inklusive Polizisten auf dem Platz und natürlich in 90 Minuten keine Tore. Ein Remis, das nur den Gästen nutzt: Der zu Jugoslawien-Zeiten stets im Schatten des großen Lokalrivalen Vardar stehende Eisenbahnerverein ist dem dritten Titel nach 2005 und 2006 ein weiteres Stück näher.

Das Stadion Gradski, also das "Städtische Stadion", ist mit einem Fassungsvermögen von 18.104 Zuschauern das mit Abstand größte der mazedonischen Hauptstadt und Heimat von zwei der vier Erstligisten Skopjes - nämlich den beiden heutigen Kontrahenten. Die besten Tage hat der 1947 eröffnete All-Seater zwar hinter sich, doch dank der alles überragenden Haupttribüne ist das Gradski noch immer ein Blickfang. Die steilen Ränge, die von einem geschwungenen Dach gekrönt werden, erreichen etwa die vierfache Höhe des übrigen Ausbaus, der sowohl hinter den Toren als auch auf der Gegengerade nur zehn Reihen aufweist. Den wahren Zustand des Stadions erkennt man im Umlauf der Haupttribüne, wo sich der Müll in sämtlichen Ecken sammelt und viele Zuschauer gar ihre Notdurft entrichten, da sämtliche Toiletten abgeschlossen sind. Pläne einer gründlichen Modernisierung liegen übrigens seit Jahren in der Schublade, wurden bisher aber noch nicht angepackt.

Fans von Vardar Skopje

250 Gladbach-Fans in Skopje

Nicht vergessen darf ich als Gladbach-Anhänger natürlich den Hinweis, dass im Gradski vor gar nicht allzulanger Zeit die Borussia gastierte. Am 28. September 1995 gab der VfL hier nach sieben Jahren Abwesenheit sein internationales Comeback und schlug im Europapokal der Pokalsieger Sileks Kratovo 3:2. Immerhin 250 Borussen hatten die Reise auf sich genommen. Für Nostalgiker ein paar Sätze aus dem Fanzine "90 Minuten und mehr":

"Am Stadion gab es an jeder Ecke Döner, Pistazien und sonstiges Körnerzeug. Die vorhandenen Kassenhäuschen waren geschlossen, allerdings standen an mehreren Ecken Typen mit dicken Kartenbündeln. Wir nutzten die Zeit zur genauen Begutachtung der imposanten Haupttribüne. Diese überdachte, einstöckige Sitzplatztribüne ist einzigartig steil und faßt schätzungsweise 15.000 Zuschauer. In Relation zu dieser überdimensionalen Tribüne wirkte der Rest des Stadions lächerlich klein (...) Unter recht umfangreichen Sicherheitsmaßnahmen der mazedonischen Polizei wurde die etwa 250 Mann starke Gladbacher Fangruppe an den äußersten rechten Rand der Tribüne gepfercht. Unmittelbar neben uns siedelte sich ein Mob einheimischer Jugendlicher an. Bald wurde klar, daß es sich um Anhänger von Vardar Skopje handelte, die auf ein Ausscheiden von Sileks Kratovo hofften. (...) Nachdem es in der Halbzeit doch recht hitzig zuging, als einzelne Mazedonier Gladbacher Fahnen mopsen wollten, war es dann irgendwann unser dicker Schnulli, der einfach die Polizeikette durchbrach und sich zu den Vardar-Fans gesellte. Es war schon urkomisch, als schätzungsweise 200 Mazedonier immer wieder "Schnulli, Schnulli! skandierten. (...) Nach dem Schlusspfiff hatte Borussia die nächste Runde erreicht und beide Mannschaften wurden von den etwa 12.000 Zuschauern mit Beifall bedacht."

Ja, ja, das waren noch Zeiten... Doch zurück in die Gegenwart. Mit dem Jubiläums-Länderpunkt 50 im Gepäck (diese Selbstdarstellung sei mir an dieser Stelle hoffentlich verziehen...) hieß es schließlich zurück zum Busbahnhof, noch einmal fünf Stunden über die Landstraße Richtung Sofia, ein wenig Sightseeing am Sonntag und am Montag schließlich der Rückflug in die Heimat. Uff!

Der Umlauf der HaUpttribüne Fans von Rabotnicki Skopje Auch in Deutschland hat Vardar Fans