"Schandfleck", "Bauruine", "Müllhalde": Seit mehr als zehn Jahren erhitzt die nicht fertig gestellte Tribüne mitsamt Vereinsheim im Bonner Stadtteil Brüser Berg die Gemüter. Und doch tut sich seit zehn Jahren - nichts. Das Ding gammelt einfach vor sich hin.

Dabei war der ambitionierte Bau fast fertig. "In der Kaffeeküche standen die Geräte, Kühlschrank und Spüle unausgepackt. In der Gymnastikhalle waren bereits Spiegel angebracht. Die Fenster zum größten Teil schon eingesetzt", schrieb der Generalanzeiger. Doch dann, während der Saison 2011/12, ging der 1985 gegründete Landesliga-Aufsteiger 1. SF Brüser Berg pleite.

Diplomaten hier, "Brüser Berg Assis" da

Heute gleicht die Anlage eher einem Lost Place. Überall Graffiti, zerbrochene Scheiben, Reste von Brandstiftung. Die Tribüne ist zwar durch Gitter umzäunt, lässt sich aber leicht betreten. Einzig die Treppen zum darüber errichteten, auf Stelzen stehenden Baukörper sind nicht mehr erreichbar. Dort sollten unter anderem besagter Gymnastikraum, Geschäftsstelle, Umkleide und ein 60 Quadratmeter großer Raum entstehen, der als "multifunktionaler Familientreff" gedacht war.

Tatsächlich leistete der Klub bis zur Insolvenz auch viel Integrationsarbeit, denn Brüser Berg ist ein Stadtteil der Gegensätze: Auf der einen Seite wohnen dort viele Diplomaten, da hier noch immer das Bundesverteidigungsministerium beheimatet ist. Auf der anderen Seite gibt es aber auch viel Kriminalität. Der Gangsta-Rapper "Xatar" etwa wuchs unweit des Sportplatzes in einem Hochhaus auf und war Teil der "Brüser Berg Assis" (BBA)". Mehr zu diesem Spannungsfeld gibt es in der starken Kurz-Doku "Wir vom Brüser Berg" aus dem Jahr 2016. Bei Minute 18:00 ist dort auch besagte Tribüne zu sehen.

Der Abriss naht... vielleicht

Immerhin gibt es seit 2015 einen Nachfolgeverein, den 1. JFC Brüser Berg, der sich ausdrücklich für die "Integration ausländischer Mitbürger" einsetzt. Bis in die Kreisliga B hat es der "Jugend Fußball Club" inzwischen geschafft, zum heutigen Heimspiel gegen Schlusslicht Bad Godesberg kommen etwa 20 Zuschauer - bis auf mich alle mit Migrationshintergrund. Die Stimmung ist locker und ausgelassen, bis nach der Pause auf dem Kuntrasen ein Handgemenge inklusive zweier Roter Karten entsteht, was für eine fünfminütige Unterbrechung sorgt. Es wird viel geflucht, dann geht es aber doch noch weiter, und Brüser Berg gewinnt locker.

Tja, und die Tribüne? Weiterbauen oder abreißen? Immer wieder drängte die Politik auf eine Entscheidung, immer wieder passierte auch wegen der schwierigen rechtlichen Lage nichts. Der letzte Stand: Im Januar 2023 wurde beschlossen, das auch durch Brände in der Substanz beschädigte Gebäude abzureißen und neue Räume zu errichten. Passiert ist zehn Monate später - nichts.

Mein Schlüssel-Erlebnis

Ach so, zu eurer Belustigung hier noch eine kleine Anekdote von meiner Abreise: Es ist keine gute Idee, sich erst auf den Beifahrersitz zu setzen, das Navi aus dem Handschuhfach zu holen, zum Laden den Schlüssel in die Zündung zu stecken und dann das Auto wieder über die Beifahrertür zu verlassen. Bei meinem Auto jedenfalls erledigte die Zentralverriegelung ihren Job, und so stand ich vor dem verschlossenen Auto, aber der Schlüssel steckte in der Zündung. Na vielen Dank auch.

Meine Frau freute sich sehr, als ich sie am Telefon bat, doch mal eben mit dem Ersatzschlüssel nach Bonn zu kommen. Zweieinhalb Stunden vertrat ich mir genervt die Füße (und schaute u.a. Drittliga-Volleyball in der Hardtberg-Halle), und als meine Frau kam, war natürlich die Batterie leer, da durch die eingeschaltete Zündung das Licht voll gebrannt hatte. Erst ein Überspielkabel half. Was für ein Desaster...