Das Beste zum Schluss! Da nimmt man auch gerne Stress in Kauf: Um 5.50 Uhr landete der Flieger von
Hanoi in Seoul, um 8 Uhr lagen die Koffer im Hotel, um 9 Uhr floss der erste Kaffee durch die Kehle, und um 10 Uhr saß ich in der Metro-Linie 1 von Seoul Station nach Suwon.
In der Hand die Korean Times mit der Schlagzeile "The Super Match Weekend". Und dem Hinweis, dass Nordkoreas Kim Jong-un alle Ausländer auffordert, Seoul zu verlassen. Jaja, lieber Kim, aber erst noch Fußball.
Das Spiel der Spiele
"Super Match" steht in Südkorea für das Lokalderby zwischen den Suwon Bluewings und dem FC Seoul, zwei der erfolgreichsten und populärsten Klubs des Landes. Da die Zuschauerzahlen in der Regel recht hoch sind, machte ich mir ein wenig Sorgen um die Tickets, die allerdings unbegründet waren: Als ich um 11.30 Uhr (Anpfiff: 14 Uhr) endlich das Suwon World Cup Stadium erreicht hatte, war zwar schon viel los, Tickets aber noch ausreichend vorhanden. Am Ende wurden es auch "nur" 37.897 Zuschauer.
Für 12.000 Won (ca. 8 Euro) überreichte mir die Dame am Schalter ein Ticket - leider, obwohl ausdrücklich von mir nicht gewollt, für die Kurve. Grmpf. Das Gute: Wie schon in
Japan erlebt, gelten Kurvenkarten auch in Korea oftmals für einen Teil der Gegengerade. Wer früh da ist, und das war ich zum Glück, kann sich auf Höhe der Strafraums niederlassen, muss aber das zweistündige, unglaublich nervige Vorprogramm über sich ergehen lassen. Egal, für das Derby doch gerne.
Ein Hauch von Argentinien
Ebenfalls wie in Japan erweist sich schnell, dass auch Südkoreas Fans bei der Suche nach Vorbildern mit Vorliebe nach Argentinien schauen. Das zeigt sich schon an der Lücke, die bis 30 Minuten vor Anpfiff im Zentrum des Fanblocks gelassen wird, ehe die Ultras mit viel Blasmusik und Getrommel dort einziehen. Und das setzt sich fort bei den Gesängen, die südamerikanische Melodien und auch Texte benutzen und mit viel Handeinsatz begleitet werden. Das alles übrigens in einer beachtenswerten Lautstärke. Wenn man die Augen schließt, ist Buenos Aires plötzlich gar nicht mehr so weit weg...
Auf dem Siedepunkt ist die Stimmung kurz vor Anpfiff: Zum Intro gibt es bei Suwon eine Choreo aus bunten Tüten, viel Konfetti und lautem Singsang (-->
Video). Sehr hübsch das Ganze. Die etwa 2500 Gäste haben eine Blockfahne mitgebracht, auf der ein von zwei Händen gehaltener Fanschal mit der Aufschrift "FC Seoul Supporters" zu sehen ist. Auch das durchaus ansehnlich, auch wenn wegen der Sonne nur wenig zu erkennen ist.
Top-Choreo, Top-Stimmung
Auch während des Spiels bleibt das Niveau hoch, wobei der Verlauf dazu beiträgt: Der FC Seoul, bei dem der erst kurz zuvor aus Düsseldorf verpflichtete Du-ri Cha sein Debüt gibt, geht früh in Führung, und als kurz vor der Pause Suwons ebenfalls aus der Bundesliga bekannte Stürmer Chong Tese vom Platz fliegt, scheint die Begegnung entschieden. Doch mit den eigenen Fans im Rücken drehen die Bluewings nach der Pause auf und kommen in der 89. Minute zum Ausgleich, der wie der Siegtreffer gefeiert wird. Suwon bleibt damit Tabellenführer, Seoul wartet weiter auf den ersten Saisonsieg.
Das Suwon World Cup Stadium war bei der WM 2002 Schauplatz von vier Begegnungen, darunter das Achtelfinale zwischen Spanien und Irland (3:2 i.E.). Im Mai 2001 eröffnet, etablierte sich wegen der Dachkonstruktion der Gegengeraden, die an die Flügel eines Vogels erinnert, schnell der Spitzname "Big Bird", der heute sogar über dem Eingang zur Fankurve ("This is Big Bird") zu lesen ist.
Obwohl die vier Tribünen nicht miteinander verbunden sind, wirkt das Stadion mit seinen 43.959 Sitzplätzen äußerst kompakt. Auch die bunten Schalen fügen sich endlich einmal recht harmonisch zueinander, so dass insgesamt von einem guten Spiel in einem guten Stadion gesprochen werden darf. Das nenn ich doch einmal einen würdigen Abschluss der Südostasien-Tour!
Up and away
Am Montag steht noch ein Streifzug durch das ebenso traditionsreiche wie hochmoderne Seoul an, ehe es am Dienstag in zwölf Stunden zurück nach Amsterdam und von dort mit dem Zug nach Mönchengladbach geht. Schön wars's!