Niederländische Achtligisten schaffen es eher selten in die internationale Presse. Eine der Ausnahmen ist der SV Blerick. "Absurdes Verbot: Spieler dürfen nicht duschen", titelte im Mai 2022 das polnische Portal sport.pl und garnierte den Bericht mit einem Foto der wunderschönen Holztribüne des Klubs.

Was war passiert? Die gestiegenen Energiekosten brachten den Klub aus Venlo in finanzielle Nöte, unter der Woche wurde der Wasserhahn zugedreht. "Unser hart verdientes Geld sollte nicht in russisches Gas fließen", sagte Geschäftsführer Mike Noldus. Der Telegraaf griff die Story zuerst auf, später machte die Nummer dann die große Runde. Es waren die 15 minutes of fame für den SV Blerick.

Die Nummer zehn

Das Beste am erwähnten sport.pl-Artikel war aber freilich das Foto, denn die Tribüne ist ein echtes Schmankerl: Wenn die Liste in diesem Groundhopping-Forum stimmt, ist die 1932 eröffnete Tribune die zehntälteste noch genutzte in den Niederlanden (falls der Link irgendwann nicht mehr funktioniert: Der Spitzenreiter von 1923 steht im Sportpark Cranevelt in Arnheim).

Old School pur also, daher fuhr ich vor wenigen Wochen schon einmal nach Blerick - wo anders als angekündigt aber auf dem Nebenplatz gekickt wurde, da der neue Kunstrasen auf "Veld A" noch nicht fertig war. Grrr. Diesmal passte alles, und tatsächlich stieß ich wenige Stunden vor Borussias Heimspiel gegen Union dann auch gleich auf drei bekannte Nasen. Wie klein die Welt doch ist.

Doch zurück zum Hauptdarsteller des Tages. Auf der Blerick-Homepack findet sich der Hinweis, dass die Tribüne "von SVB-Mitarbeitern in fleißiger Arbeit selbst gebaut" wurde: "Selbstmotivation und Unterstützung durch die Wirtschaft waren schon damals unverzichtbar! Diese Tribüne wurde von J. Korsten entworfen und am 9. Oktober 1932 fertiggestellt. Die festliche Segnung erfolgte durch Pfarrer Rieter und die Eröffnung durch Bürgermeister Coenegracht." Na dann.

Keine Stufen mehr

Etwas schade ist, dass den Arbeiten im Sportpark 't Saorbrook auch die ummauerten Ersatzbänke sowie die zwei breiten Stufen vor und neben der Lei Versleijen Tribüne (nach einem langjährigen Vereinsmitglied) zum Opfer fielen. Dort und auch an den anderen Seiten ist nun alles eingeebnet. Nun ja, Hauptsache das olle Ding aus Backstein und Holzbänken steht weiter tapfer im Wind.

Gespielt wurde auch, der Gast aus Nederweert gewann 2:1, und die etwa 150 Zuschauer hatten ihren Spaß. Erwähnt werden könnte noch, dass der Halbzeitpfiff ertönte, obwohl die elektronische Anzeigetafel erst 44:10 gespielte Minuten anzeigte. Wahrscheinlich wollte der Schiedsrichter einfach nur pünktlich im Borussia-Park sein.

Das galt auch für mich. Bleibt noch der Blick auf die Stadionmusik:

Die Setlist des SV Blerick:

1. Opus - Live Is Life. Lustig - die neue Liste beginnt, wie die letzte endete. Einfach zu oft gehört.
2. K'naan - Wavin' Flag. Der Coca-Cola-Song der WM 2010. Schon deshalb kaum liebenswert, aber auch sonst nervtötend.
3. Frank van Etten - Leef vandaag. Ein Hauch von Schlager, aber mit einer recht schönen Aussage ("Lebe heute!"). Daumen hoch.
4. Meduza - Tell It To My Heart. Wurde ja auch Zeit, dass sinnlose Bumm-Bumm-Musik läuft, wir sind ja schließlich in Holland.
5. Gabry Ponte - Thunder. Und weiter geht es mit dem Ohren-Terror. Schwer zu ertragen.
6. Antoon & Paul Sinha - Bootje. "Nederpop" nennt sich das Genre - man lernt nie aus. Im Text des Sommerhits fahren die Sänger mit einem Boot durch die Kanäle, und das ist gar nicht mal so schlecht.
7. Chip Charlez - Bon Vibes. Rap aus Tilburg. Im Text mischt sich Englisch mit Niederländisch und Spanisch ("Je bent mijn main thing"). Puuh.
8. Hardwell - Power. Zurück beim Bumm-Bumm-Ohren-Terror. Schnell weiter.
9. Tiesto - The Motto. Der Niederländer Tiesto gab es zuletzt in Plowdiw, auch das hier ist eher Schrott.

Fazit: Ziemlich schwere Kost für die Ohren, aber immerhin ein wenig lokaler Einfluss und auch vollkommen Neues im Angebot. Macht ne 4. Zum Gesamtstand.