Stade Tunisien - CS Hammam Lif 3:2 (Ligue 1 Tunesien, 24.1.2009)

Das Stade du 7 Novembre in Rades/Tunis

Es gibt angenehmere Situationen, als 20 Minuten vor dem geplanten Länderpunkt vor einem verschlossenen Stadion zu stehen....

Das Stade du 7 Novembre von Außen
Aber von vorne. Im Januar ist Tunesien recht preiswert zu bereisen, und so hieß unser winterliches Ziel wie schon 2008 Afrika. Über Nürnberg ging es mit Air Berlin nach Monastir und von dort mit dem Zug in die Weltkulturerbe-Stadt Sousse, wo wir für vier Tage unser Lager aufschlugen. Strand, Pool und sonstiger Schnick-Schnack blieben aber unbenutzt, denn schon am zweiten Tag hieß es wieder: Ab auf die Schienen. Entlang der Ostküste war nach zweieinhalb Stunden die Hauptstadt Tunis erreicht.

Hier hieß es zunächst ein wenig durch die Souks zu schlendern und nervige Verkäufer abzuschütteln. Was durchaus Spaß machen kann: "Hey, my friend, erkennst du mich?" - "Äh, nee?" - "Ich arbeite doch bei dir im Hotel!" - "Nee, ist klar. Aber ich bin gar nicht im Hotel" - "Ääääähhhh....öööhhhh.... Achsooo...na dann...". Herrlich. Noch ein wenig Sehenswürdigkeiten abgeklappert (allein die Namen klingen schon verführerisch: Moschee ez-Zitouna, Dar Ben Abdallah oder Tourbet el-Bey), und dann hieß es ab zum Fußball.

Eins, zwei oder drei?

Ziel war das einzige Samstagsspiel der Ligue 1 zwischen Stade Tunisien und Hammam Lif. Die Preisfrage: Wo wird gespielt? Das im Informer angegebene Stade Chedly-Zouiten, so viel war schnell klar, wird derzeit umgebaut. Alle bisherigen Heimspiele hat ST im Stade Menzah ausgetragen, warum also sollte heute eine Ausnahme gemacht werden? Die Sicherheits-Mail an den Verein blieb natürlich unbeantwortet, also standen wir 70 Minuten vor Anpfiff am Hauptbahnhof, um die Straßenbahn Nummer 2 zum Menzah zu erwischen.

Der Endstand
Die kam und kam nicht, uns riss nach 20 Minuten der Geduldsfaden, also ab ins Taxi. Das wiederum steckte prompt 15 Minuten im städtischen Verkehrschaos fest, aber noch war ja Zeit. Erst als wir um 14.40 Uhr das Ziel erreicht hatten, jedoch nichts auf ein Spiel hindeutete, wurde uns etwas mulmig. Kurz die auf dem Vorplatz kickenden Kinder gefragt: "Nein, das Spiel ist im Nationalstadion in Rades". Aaah! Einerseits natürlich cool, weil im größten Stadion des Landes, andererseits aber ganz woanders. Also das nächste Taxi angehalten, im Sauseschritt einmal um Tunis rum, und um 15.10 Uhr war die Riesen-Schüssel erreicht. Naja. Für solche Fälle wurde wohl einst die 45-Minuten-Regel erdacht, also spare ich mir mal das schlechte Gewissen...

Schnell das erstbeste Ticket gekauft (und mit 25 Dinar, also knapp 13 Euro, natürlich gleich das teuerste...) und ab in das 60.000 Zuschauer fassende Rund. Der erste Blick auf die Anzeigetafel: Ups, schon 1:1. Dann der Blick in das weite Rund: Hier ist ja mal gar nix los. Geschätzte 3000 Zuschauer, darunter immerhin noch 500 Gäste, sorgten für eine wahrliche Geisterkulisse. Keine Frage, Stade Tunisien ist hinter Club Africain und Esperance nur die Nummer drei der Hauptstadt. Warum allerdings unbedingt ins Nationalstadion ausgewichen werden musste, werden wir wohl nie erfahren.

Riesige Dimensionen

Immerhin kamen wir so in den Genuss eines der größten und modernsten Stadien des Kontinents. Das Stade du 7 Novembre im Vorort Rades wurde erst 2001 aus Anlass der Mittelmeerspiele ("Jeux Méditerranéens") eröffnet und ist mit dem Wort Schüssel recht treffend beschrieben. Leider machten die erwähnten Mittelmeerspiele auch eine Laufbahn notwendig, womit das Geschehen auf dem Rasen doch etwas sehr weit weg ist. Dennoch trägt die tunesische Nationalmannschaft hier sämtliche Heimspiele aus, beim Afrika-Cup 2004 fanden hier drei Vorrundenspielen, ein Viertel- und ein Halbfinale sowie das Endspiel statt.

Fans von CS Hammam Lif
Von innen zwar überdimensional, aber auch ein wenig unspektakulär, überzeugt die Außenansicht des Stadions vollauf: Die vier Pylone, die verzierte Hauptfassade oder auch die Spiral-Aufgänge sorgen für einen großartigen Gesamteindruck. Für den Namen ist übrigens der tunesische Nationalfeiertag verantwortlich: Seit der "Wende" am 7. November 1987 führt Ministerpräsident Zine el-Abidine Ben Ali das Land zu einer "echten" Demokratie.

Tee und Gebete zur Halbzeit

Zum Spiel: Während die kaum vorhandenen Fans nur nach den (allerdings zahlreichen) Toren auf sich aufmerksam machen (---> Video), sorgt immerhin das Geschehen auf dem Rasen für Abwechslung. Ein Herr namens Jmaiel Khmir sticht dabei besonders hervor und erzielt alle drei Tore der Gastgeber. Lohnenswert ist aber auch ein Blick nach links und rechts: Die in der Halbzeit im Stadion-Umlauf gen Mekka betenden Fans sind ebenso ein ungewohnter Anblick wie der Teeverkäufer, der mit einer massiven Kanne in der Hand durch die Reihen zieht.

Nach Schlusspfiff geht es vorbei an einer modernen Sporthalle - das Stadion liegt inmitten der Cité olympique du 7 novembre - zur Hauptstraße, mit dem Taxi zum Bahnhof und mit dem Zug wieder zurück nach Sousse, wo am nächsten Tag Kick Nummer zwei auf dem Programm stehen sollte...

Teeverkauf in der HalbzeitDas Satde du 7 NovembreDie Moschee ez-Zitouna in Tunis