Es gibt Vereine, bei denen das Gründungsjahr im Namen reichlich deplatziert wirkt. Allen voran natürlich 1899 Hoffenheim. Und dann gibt es Klubs, deren Name auf "echte" Tradition verweist, von der die Hopps dieser Welt und selbst etablierte Bundesligisten nur träumen können. Zu dieser illustren Gruppe zählt zweifellos der Berliner FC Viktoria 1889.
"Deutscher Meister 1894, 1908, 1911 - Tradition und Zukunft" steht auf einem Plakat gleich hinter dem Eingang des Friedrich-Ebert-Stadions. Womit eigentlich schon alles gesagt ist. Der zweitälteste noch existierende Fußballverein Deutschlands (nach dem Lokalrivalen BFC Germania 1888, der 14 Monate früher entstand) hat eine bewegte Geschichte hinter sich. Und dabei ist es fast egal, ob der unter dem Dach des "Deutschen Fußball- und Cricket Bund" gewonnene Titel von 1894 zählt oder nicht.
Finale mit 113 Jahren Verspätung
Mit jenem Titel verbindet sich auch die kuriose Geschichte, die Viktoria im Jahr 2007 noch einmal bundesweit ins Blickfeld rückte. Zum Finale 1894 nämlich trat der FC Hanau aus finanziellen Gründen nicht an. 113 Jahre später kam es daher zu einer (symbolischen) Neuaustragung des Meistertitels, die Viktoria nach Hin- (3:0) und Rückspiel (1:1) auch sportlich gewann.
Gekickt hat die Viktoria zunächst auf dem Tempelhofer Feld, ab 1905 auf dem Sportplatz Eisenacher Straße (laut Vereinschronik von 1914 "noch heute der beste Platz in Deutschland") und später im 1936 errichteten Friedrich-Ebert-Stadion. Genau dort ist der Klub auch heute noch beheimatet, und nach einem sportlichen Absturz nach dem 2. Weltkrieg seit dieser Saison immerhin wieder fünftklassig.
Himmelblau trifft Weinrot
Am 12. Spieltag kommt es zum Derby mit dem BFC Dynamo, für beide Teams geht es nach eher durchwachsenem Saisonstart um den Anschluss nach oben. Immerhin "706 Zuschauer, davon 555 Zahlende" (O-Ton Stadionsprecher), wollen bei bestem Herbst-Wetter das Duell sehen. Aus Hohenschönhausen haben etwa 250 Weinrote den Weg nach Tempelhof gefunden, außer einer leckeren Bratwurst und reichlich Kaffee und Kuchen gibt es für den BFC jedoch nichts zu holen: Die vom Ex-Gladbacher Thomas Herbst trainierten Himmelblauen gewinnen dank eines umstrittenen Handelfmeters in der 51. Minute 1:0.
Über das Friedrich-Ebert-Stadion findet sich sowohl in den Weiten des Internet als auch in der Literatur erstaunlich wenig. Viel mehr als das erwähnte Datum der Einweihung (1936) und das einstige Fassungsvermögen (12.000) gibt es nicht zu erfahren. Heute finden etwa 6000 Zuschauer auf den neun Betonstufen der Längsseite Platz, die übrigen drei Seiten werden durch (recht hohe) Graswälle inklusive ein paar Bänken gebildet. Ganz nett ist die kleine Tribüne mit ihren etwa 100 blauen Sitzschalen.
Bleibt der Blick auf die "DJ-Ötzi-Hitmix-Skala". Mal schauen, ob Viktoria auch musikalisch auf Tradition setzt...
Die Setlist der Viktoria:
1. Alexandra Stan - Mr. Saxobeat. Ohrwurmfaktor: Hoch. Wohlfühlfaktor: Geht so. Einfach zu oft mit vollgedudelt worden.
2. Bob Sinclair - Love Generation. Immer wieder dieser Bob Sinclair... Ebenfalls ein Ohrwurm, aber immerhin nicht ganz so nervig.
3. Hermes House Band - Que sera sera. Dreck hoch fünf.
4. Hermes House Band - Country Roads. Dreck hoch zehn.
5. Queen - I want it all. Ein Silberstreif am Horizont. Kann man sich doch mal anhören.
6. Manowar - Warriors of the world. Und gleich was Ausgefallens hinterher. Passt zum Fußball, spielt nicht jeder - Daumen hoch!
7. The Fratellis - Chelsea Dagger. Eingängiger Refrain und entsprechend beliebt beim Sport. Obwohl es gar nicht um den Chelsea FC geht :-)
8. Hermes House Band - Football's Coming Home. Dreck hoch 15. Ich erwäge gerade eine neue Regel: Dreimal die Kirmeskasper macht einmal DJ Ötzi.
9. The Scorpions - Rock You Like a Hurricane. Kleine Versöhnung zum Abschluss. Rettet die Gesamtnote aber auch nicht mehr...
Fazit: Sorry, aber dreimal die gequirlte Kacke lässt nicht mehr als eine 5 zu. Zum Gesamtstand.
*Quelle: "Pioniervereine des europäischen Fußballs"