"Ah, Zizkov. Anderswo in Prag hängt die Fan-Loyalität von der väterlichen Beeinflussung ab. Viktoria dagegen ist ein echtes Kind des 3. Bezirks mit seinen heruntergekommenen Bars und treuen Anhängern des Kommunismus", beschreibt "The Rough Guide to European Football" den etwas anderen Verein aus der tschechischen Hauptstadt. Das mag etwas verklärt klingen, doch tasächlich wirkt Zizkov mit seinen engen und lebendigen Gassen wie ein buntes Dorf mitten in der Stadt.
Im Stadion Viktoria, das sich nahtlos ins Bild einfügt und ohne seine Flutlichtmasten leicht zu übersehen wäre, ist von alternativem Flair jedoch nur noch wenig zu spüren. Immerhin fehlen im heimischen Fanblock die kurzhaarigen Vertreter fragwürdigen Gedankenguts, was ja auch schon mal etwas ist. Alternativ ist immerhin die Anstoßzeit: In der Regel wird in Zizkov - wie übrigens auch andernorts in Tschechien - um 10.15 Uhr angestoßen, was zumindest den Fußballreisenden erfreut.
Abstieg in die FünftklassigkeitViktoria Zizkov hat eine durchaus wechselvolle Geschichte vorzuweisen: Vor dem Krieg war der 1903 gegründet Verein der einzige Klub, der die Dominanz von Sparta und Slavia brechen konnte und 1928 Meister wurde. Unter dem Kommunismus jedoch begann der Viktoria-Stern zu sinken - bis in die Fünftklassigkeit.
Erst ein Multimillionär führte den Klub 1993 nach 46-jähriger Abstinenz wieder ins Oberhaus und 1994 gar zum Pokalsieg. Seither fahren die Rot-Weißen munter Fahrstuhl - in dieser Saison sind sie wieder einmal oben angekommen. Dort hält sich der Aufsteiger bisher mehr schlecht als recht, aber noch immer besser als der sieglose Gegner aus Liberec.
Offiziell 4232 Zuschauer sind am frühen Sonntagmorgen gekommen, um auf den vier Tribünen (die Stahlrohr-Konstruktionen hinter den beiden Toren sind noch recht neu) Platz zu nehmen. Etwa 150 Anhänger haben den Weg aus Nordböhmen auf sich genommen und überraschen zu Spielbeginn mit einer kleinen, aber feinen Papptafel-Choreo. Auf dem Rasen beginnen die Hausherren furios, scheinen den Gast förmlich überrollen zu wollen, scheitern jedoch im Minutentakt an Pfosten und Torhüter. Das Problem: Auch in Tschechien gelten die unergründbaren Gesetze des Fußballs, und so geht Liberec mit seiner ersten Chance in Führung. Zwar kann die Viktoria wenig später ausgleichen, nach einer ausgeglichenen zweiten Halbzeit bleibt es jedoch beim 1:1.
Pünkltich mit dem Schlusspfiff ging es zurück auf die Autobahn. "Um alle Sehenswürdigkeiten Prags abzuklappern, braucht man schätzungsweise drei Jahre", heißt es in einem weiteren Fußball-Führer. Leider blieb heute für keine einzige der Sehenswürdigkeiten Zeit, denn der SK Kladno rief bereits...
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