Eigentlich hatte ich ausreichend Luft für die Strecke von Moreirense bis Aveiro. Eigentlich. Denn auch auf teuren Maut-Autobahnen gibt es gegen 18 Uhr Berufsverkehr, und so stand ich plötzlich rund um Porto im Stau und begann zu zittern.

Nun, um ehrlich zu sein: Wenn ich die ersten Minuten verpasst hätte, ich hätte es verkraftet. Aber natürlich war der Ehrgeiz da, und zum Glück liegt das EM-Stadion in Aveiro unmittelbar neben der Autobahn. Also einfach frech auf den Busparkplatz gestellt - da auch dieses Ligapokalspiel keine Sau interessierte, war natürlich nicht ein Bus anwesend -, dann die Stufen hinauf zur Kasse gejoggt, schnell ein Foto der wirklich lohnenswerten Außenansicht, und dann hinein in die gute Stube. Dort liefen gerade die Mannschaften ein - geht doch.

Stadionauslastung: 1,17 Prozent

Das Estadio Municipal de Aveiro wurde eigens für die EM gebaut und ist folglich viel zu groß für den SC Beira-Mar. Zumal der Klub seit dieser Saison nur noch zweitklassig spielt. Und so befürchte ich ein wenig, dass der bunten Arena bald das gleiche Schicksal blüht wie den EM-Stadien in Faro oder Leiria, die nach dem späteren Auszug der Klubs zu weißen Elefanten geworden sind. Forderungen, das Stadion abzureißen und durch ein kleineres zu ersetzen, gibt es bereits. Das wäre in der Tat ein Verlust.

Für ein schnödes Ligapokal-Spiel, das wurde schon nach einer Sekunde klar, ist die Arena jedenfalls viel, viel, viel zu groß. Indiskutable 352 Zuschauer verirrten sich heute im fünftgrößten Stadion des Landes. Besonders bitter wirkt die Auslastung der Arena, die auf der Verbandsseite immer ausgerechnet wird. Die 1,17 Prozent dürften Minusrekord sein.

Ein übergroßes Spielzeug

30.127 Plätze bietet das 62 Millionen Euro teure Municipal, und irgendwie stellt sich schon die Frage nach dem Sinn. Zumal hier bei der EM ganze zwei Gruppenspiele stattfanden. Immerhin ist das Stadion durchaus ein Hingucker. Naja, bis auf die bunten Sitze mal wieder. Mein persönlicher Favorit ist allerdings das Dach, das über den Tribünen zu schweben scheint. Insgsamt wirkt der Bau tatsächlich, wie von Architekt Tomás Taveira gewollt, ein wenig wie ein übergroßes Spielzeug für Kinder. Der erwähnte Taveira hat übrigens, keine Überraschung, die ebenso bunten Stadien von Leiria und Sporting Lissabon ebenfalls geplant.

Seit 2009 findet in dem Stadion auch der portugiesische Supercup statt - bei fünf Austragungen gewann fünfmal der FC Porto. Hauptnutzer bleibt aber der SC Bair-Mar. Größter Erfolg jenes Klubs war der Pokalsieg 1999, wenige Monate später stieg der SC aber ab. Und dann gab es die Saison 1976/1977, in der niemand Geringers als Eusebio hier spielte - am Ende der Saison stand dennoch ebenfalls der Abstieg. Und dann war da noch das denkwürdige 3:2 beim FC Porto im Jahr 2002: Erst neun (!) Jahre später sollte Trainer Jose Mourinho wieder ein Liga-Heimspiel verlieren, da war er freilich schon bei Real Madrid.

Fortsetzung folgt...

Von diesen Zeiten ist der Klub mit dem Anker im Wappen freilich weit entfernt, auch heute gibt es gegen den Empörkömmling FC Arouca eine ernüchternde Heimniederlage. Wie schön, dass es in diesem sinnlosen Wettbewerb noch ein Rückspiel gibt...

Für mich standen am Abend noch ein paar Kilometer in Richtung Norden an, um am Donnerstag nicht ganz so weit fahren zu müssen. Ziel war aus Mangel an Spielen in Portugal nämlich die Stadt Ourense im benachbarten Spanien.