Würde der Araber an sich nicht so aggressiv - ein besseres Adjektiv als dem Reiseführer fällt mir auch nicht ein - Auto fahren, hätte ich es vielleicht rechtzeitig zum Anpfiff geschafft. Wenn man aber ständig von rechts, links und in der Kurve bedrängt und überholt wird, kann man den richtigen Abzweig schon mal verpassen. Als ich dachte, völlig falsch zu sein, schimmerte plötzlich Flutlicht durch die Hochhäuser von Dubais Nachbarstadt Sharjah. Und zur achten Spielminute betrat ich das Stadion - da wollen wir doch mal ein Auge zudrücken.
Ein Verein mit Geschichte
Sharjah ist die Hauptstadt des gleichnamigen Emirates und liegt unmittelbar neben Dubai. Anders als der schillernde Nachbar gilt die Metropole eher als konservativ - so wird etwa vor Gericht die Sharia noch zu 100 Prozent umgesetzt, Alkohol ist auch für Ausländer verboten, die Kleidungsvorschriften streng. Wie schön, dass immerhin der Fußballsport hier erlaubt ist.
Und das durchaus mit Erfolg: 1974 gewann der "Sharjah Sports and Culture Club" die erstmals ausgetragene Meisterschaft der Emirate, es folgten vier weitere Titel sowie die Rekordzahl von acht Pokalsiegen. 1990 stellte der Klub neun Spieler der erfolgreichen Nationalmannschaft, die sich für die WM 1990 qualifizierte und dort in der Vorrunde bekanntlich 1:5 gegen den späteren Weltmeister Deutschland verlor.
Gäste mit Musik und Tanz
In dieser Saison dümpelt Sharjah im Mittelfeld der Tabelle herum - anders als Gegner Bani Yas, der als Zweiter sogar auf den Titel hoffen darf und bei meinem Eintreffen dann auch schon 1:0 führt. Letzteres leuchtet mir erst beim zweiten Treffer ein, denn auf der Anzeigetafel stand bis dato "1:0" und nicht "0:1". Nur wird im Arabischen ja bekanntlich von rechts nach links gelesen... Treffer gibt es in der Folge noch genug zu sehen, nämlich stolze sieben, wobei der Auswärtssieg nie in Gefahr geriet.
Etwa 800 Zuschauer werden Zeuge dieser Torflut, für Stimmung sorgen einzig die etwa 80 Gäste. Das dafür umso eindrucksvoller: Begleitet von einer kleinen Kombo mit Handtrommel und Dudelsack-ähnlicher Girbah singt und tanzt die Gruppe fast über die kompletten 90 Minuten (-->
Video). Auch im Sitzen wird synchron geklatscht und der Oberkörper bewegt - schon interessant anzuschauen.
Schönes Dach, schöne Bilder
Das Sharjah Stadion ist zwar durch seine Laufbahn etwas weitläufig, hat aber durchaus Charme. Dafür sorgt nicht zuletzt die Haupttribüne mit ihrem eigenwilligen Dach - das angesichts von vier Regentagen im Jahr wohl eher dem Sonnenschutz dient. Auf der Gegengerade gibts es wie so häufig in diesen Breitengraden Porträts mehrerer Persönlichkeiten (Politiker? Funktionäre?), Personenkult mal anders.
Nach Schlusspfiff kämpfe ich mich bis zum Hotel und falle erschöpft ins Bett, um am nächsten Tag die letzte Etappe in Angriff zu nehmen.