Immerhin wartete mit dem Ellis Park ein neues Stadion. Und mit Topfavorit Spanien und den Exoten aus Honduras zwei interessante Teams. Die unzähligen Spanier (bzw. Japaner, Südafrikaner, Amis mit Spanien-Flagge...) unter den 54.386 Zuschauern durften sich am Ende bei Doppeltorschütze David Villa bedanken, dass nach der Pleite gegen die Schweiz nicht der nächste Rückschlag folgte.
Schon 1928 als Rugby-Stadion erbaut, blickt der Ellis Park auf eine lange Geschichte zurück. Höhepunkt war 1995 die Austragung des Rugby-WM-Endspiels, in dem Gastgeber Südafrika gegen Neuseeland 15:12 gewann. Zur Fußball-WM 2010 musste die im Osten von Johannesburg gelegene Arena nur geringfügig modernisiert werden. In der nach dem ehemaligen Johannesburger Stadtrat J.D. Ellis benannten und für seine dichte Atmosphäre berühmten Schüssel fand 2001 aber auch eine der größten Stadion-Katastrophen Afrikas statt: Bei einer Massenpanik während des Lokalderbys zwischen den Kaizer Chiefs und Orlando Pirates kamen 43 Menschen zu Tode.
Pretoria also. Und damit das Loftus Versfeld Stadium. Das häufig nur "Loftus" genannte Viereck ist das älteste aller WM-Stadien Südafrikas: Schon seit 1906 wird im Herzen der Hauptstadt gekickt. 1995 fanden hier Begegnungen der Rugby-WM statt, ein Jahr später war die Afrika-Meisterschaft der Fußballer in dem nach Sport-Pionier Robert Owen Loftus Versfeld benannten Stadion zu Gast. Zur WM 2010 wurden daher einzig Anzeigetafel, Dach und Flutlicht modernisiert.
35.827 Zuschauer wollten den Kick sehen, bei dem auch zwei Gladbacher auf dem Platz standen: Michael Bradley und Karim Matmour. Und beide spielten richtig gut, obwohl klar war: Weiterkommen kann nur einer. Oder gar keiner - genau das war der Stand nach 90 torlosen Minuten. Doch dann, ja dann kam Landon Donovan, netzte zum Last-Minute-Siegtreffer ein und ließ sich von seinen Mitspielern ausgiebig feiern. Sicherlich einer der emotionalsten Momente dieser WM - auch für den Kollegen Donovan, der nach dem Spiel erstmal fleißig rumheulte.
53.412 Zuschauer sorgten immerhin für ein fast ausverkauftes Haus, wobei die Italiener leicht in der Überzahl waren. Zumindest numerisch, denn akustisch hatten die Slowaken spätestens nach dem Führungstor die Oberhand. Und ich muss zugeben: Irgendwie habe ich mich für das kleine Land, das in der Quali immerhin seinen "Bruderstaat" Tschechien rausgeworfen hatte, mächtig gefreut.
Unsere Wege sollten sich übrigens noch einmal kreuzen: Wie es der Zufall wollte, saß die slowakische Nationalmannschaft mit an Bord, als ich eine Woche später von Johannesburg zurück nach München flog. Mit dabei: Zahlreiche trinkfeste Fans, die - leider - mit Vuvuzelas im Handgepäck vertreten waren. Bedeutet a) wenig Schlaf und b) nach der Landung statt Applaus ein lautes Tröten-Konzert. Himmel hilf...
Aber zurück zur WM. Nächster Halt war...
54.096 Fans waren bei meinem dritten Besuch im Ellis Park anwesend, der Großteil Brasilianer. Ober besser: Möchtegern-Brasilianer. Denn tatsächlich gibt es bei Weltmeisterschaften keine grausamere Fan-Spezies als den Brasilianer. Auch in Südafrika lief jeder Touri-Fan egal von welchem Kontinent im Selecao-Leibchen, ausgestattet natürlich mit (mindestens) einer Vuvuzela.
Erwähnenswert ansonsten die Rheine-Fahne (Moin, Caki!), das Sammeln der Volunteers nach Schlusspfiff (dachte erst an einen Sitzstreik, siehe Foto) und unser Auto, das nach dem Spiel nicht mehr stand, wo wir es vor dem Spiel abgestellt hatten - sondern zehn Meter weiter, wo es niemandem mehr im Weg stand. Selbst ist der Mann.
Nun, was soll ich sagen - es war grausam. 36.742 Zuschauer langweilten sich, drehten Däumchen, schauten in die Luft - es war einfach grausam. Erst das Elfmeterschießen brachte so etwas wie Spannung, aber das wars dann auch. Die Japaner machten vor ihren Fans zum Abschied brav den Knicks, und dann ging es ab in die Heimat. So wie für mich auch.
Fazit: Schöne Stadien, schlechte Organisation, und bestimmt viele schöne Städte. Nur Johannesburg leider nicht... Ach ja: Wer den DJ-Ötzi-Hitmix vermisst, der sah in etwa so aus: Vor dem Spiel erst Shakira, dann Waving Flag, in der Halbzeit erst Waving Flag, dann Shakira, und nach dem Spiel erst Shakria, dann Waving Flag.
Oder auch umgekehrt.