Das Problem: Das Jugendstadion zählt auch zu den am schwierigsten zu kreuzenden. Als hier im August 2024 das erste Punktspiel seit fünf Jahren stattfand, kam es zum erwarteten Hopper-Auflauf. Der damaligen Ankündigung, nun häufiger im Jugendstadion spielen zu wollen, folgten leider keine Taten.
Für mich stand heute der dritte Versuch an, zweimal schon stand ich am
Nebenplatz
, obwohl fussball.de das Gegenteil versprochen hatte. Diesmal kündigte Hausherr Schwarz-Weiß Düren aber an, bei der einwöchigen Stadtmeisterschaft 2025 "den neuen Platz im Jugendstadion" zu eröffnen. Das ließ hoffen - und tatsächlich, der alte Ground öffnete seine Pforten.
Wo anfangen, wo aufhören? Schon die Rückseite der Tribüne mit ihrem (erst in den 1970er-Jahren hinzugefügten) Schriftzug "Schwarz-Weiß Düren 1896" ist pompös, aber nur ein Vorgeschmack. Auch die 1923 errichtete Radrennebahn um das Spielfeld wäre andernorts das Highlight. Hier aber ist die weiß gestrichene Tribüne mit ihrem Walmdach, den guten, alten Stützpfeilern und nicht zuletzt den zwei Bogentreppen, gegen die das Treppenhaus der Titanic einpacken kann, jede Reise wert.
"Mekka der Holztribünen"
Was verrückt ist: Nur zwei Kilometer entfernt steht in der
Westkampfbahn
die älteste Fußball-Tribüne Deutschlands. Düren sei so etwas "wie das Mekka der Holztribünen", meint dann auch Autor Werner Skrentny in seinem Werk "Es war einmal ein Stadion". Deutlich charmanter, weil morbider, verstaubter und originaler als jene gründlich renovierte beim Nachbarn, ist indes die Tribüne im Jugendstadion.
Kuzer Einwurf: Düren wurde, was mir gar nicht bewusst war, am 16. November 1944 Opfer des größten Luftangriffs des 2. Weltkriegs. Innerhalb von 21 Minuten fielen - festhalten, bitte - 5477 Sprengbomben und 148.980 Brandbomben auf die Stadt, die zu 99 Prozent zerstört wurde. Auch das Jugendstadion blieb nicht unbeschadet. "Die Tribüne, einst stolz erhoben, wurde während der Angriffe schwer getroffen. Die Druckwelle der Explosion hob das Dach an und hinterließ Spuren von Verwüstung", schreibt Schwarz-Weiß auf seiner Homepage. Nach dem Krieg wurden Stadt und Stadion wieder aufgebaut.
Schumacher und Effenberg
Und was ist seither passiert beim älstesten Verein des Fußball-Verbandes Mittelrhein? Sportlicher Höhepunkt war der fünfte Platz in der
Verbandsligasaison 1989/90
, berühmtester Spross des Klubs ist Toni Schumacher, und 1993 gelang ein Coup, als der kongolesische Nationalspieler Macchambes Younga-Mouhani nach Düren kam. Der wechselte zwei Jahre später zur Borussia, im Zuge dieses Transfers schauten auch Stefan Effenberg und Co. zu einem Testspiel in Düren vorbei.
Im Sommer ist SW Düren immerhin in die Kreisliga A aufgestiegen - gut möglich, dass zumindest bei gutem Wetter wieder öfter im unter Denkmalschutz stehenden Jugendstadion gekickt wird. Der heutige Auftakt der Stadtmeisterschaft vor 50 Zuschauern (darunter auch der eine oder andere Stadion-Reisende) war jedenfalls ein Geschenk, das ich nur allzu gerne annahm. Das abschließende Urteil: einfach wunderschön!